Holzwickede – Rathaus Holzwickede

27. Fortsetzung

27.08.2025

Der Krieg endete  nach schrecklichen Kriegserfahrungen für Deutschland in  der totalen Kapitulation  mit allen  Konsequenzen: Offenbarung  für die Weltöffentlichkeit  für das willkürliche und unmenschliche Leid  (s.a. KZ) vieler Betroffener auf allen Seiten und für Deutschland und die eigene Bevölkerung noch zusätzlich die Teilung des Landes und Vertreibung  aus alten Heimatgebieten.

 

          Le Collège Moderne et Technique de Reims aù  fut signèela Capitulation Allemande                        

 

Aus dem Set der 10 französischen Ansichtskarten zur Unterzeichnung der Kapitulation am

7.Mai 1945 in Reims habe ich folgende 3 Ansichten ausgewählt u.a. mit  General

D. EISENHOWER und Generalmajor I. SUSLAPAROFF  und unterschreibend

Generaloberst  A.  Jodl.

 

Das  geheime Potsdamer Abkommen  bestimmte dann im August 1945 die wesentlichen Grundzüge der Siegermächte  für den Umgang mit Deutschland  und seine zukünftige unwiderrufliche besatzungsmäßige Gestaltung in und für alle Lebensbereiche

 

An dieser Stelle soll zunächst nur mit einigen philatelistischen Beispielen die geographische Konsequenz vorgestellt werden mit  Franz.-Zone, Amerikanische Zone, Amerikanischer Sektor, Russische Zone,  sowjetische Besatzungszone Deutschlands, Englische Zone, um nur einige diesbezügliche Bezeichnungen vorzustellen.

 

Holzwickede lag nun in der englischen Zone und die  britische Besatzung setzte  rasch  Josef Kiel aus der SPD als kommissarischen Bürgermeister ein. Ein rechtlich nicht weisungsbevugter Bürgerrat wurde etabliert und im Mai 1945 fand eine erste Nachkriegssitzung im Rathaus statt.

 

Trümmerbeseitigung, Wohnraumbeschaffung für die ausgebombte Bevölkerung aber auch für Flüchtlinge standen im absoluten Vordergrund und die notwendige und schwierige Versorgung mit Lebensmitteln.

Lebensmittelkarten bestimmten für ca. 3-4 Jahre eine aber

 mangelhafte Versorgungslage der Bevölkerung

 

Schwarzmarkt mit Zigarettenwährung,  Hamsterfahrten  in die ländlichen Regionen  sollten die Familienversorgung verbessern und die überfüllten Züge sahen den gefährdeten Trittbrettfahrer. Nur noch wenige Bahnfahrer erinnern sich an die Waggons mit Einzelabteilen Marke Holzklasse und direkten Zugang vom Bahnsteig über Trittbretter und dabei bestand kein Verbindungsgang zwischen den Sitz- und Einzelabteilen! Dies ein Umstand den die heutige Smartphone – Generation sich nicht  mehr im Ansatz vorstellen kann.

 

Alle Zechen des Ruhrgebietes produzierten die nun nötige und begehrte Kohle unter erschwerten Bedingungen durch Material- und Personalmangel und ferner bestimmten schlechte Transportmöglichkeiten die Produktion im britischen Sektor unter teils rigiden Vorgaben der britischen Militärverwaltung. Die Bevölkerung „organisierte und reagierte“ auf eigene Art und Weise in dieser Situation und der „Kohlenklau“ war  in den letzten Kriegsjahren ebenso unterwegs wie in der desolaten Nachkriegszeit.

 

In Holzwickede klaubten die Anwohner  Kohlenreste und Bruchstücke aus der Bergehalde  der Zeche Caroline zur notdürftigen Verbesserung ihrer  desolaten Lage.

Die Bewältigung der Alltagsprobleme der Nachkriegszeit war eben Privatsache. Ohne Psychiater erlangten wohl ca. 40 Millionen kriegstraumatisierte  deutsche Bürger (Verlust von Angehörigen, Vertreibung und Flucht, körperliche und/oder seelische Verwundung) durch die „medizinisch vorgesehene Selbstheilungsmöglichkeit des Bewusstseins durch  Verdrängung“  ihr halbwegs psychisches Gleichgewicht zurück, wofür aktuell berufene Aufarbeiter der NS - Zeit  häufig weniger Verständnis haben. Kein Amt, keine Behörde oder Sozialarbeiter standen  damals  breitenwirksam hilfreich zur Seite. Das Motto war „bist  du Gottes Sohn, so hilf dir selbst“ oder allenfalls die nächsten Angehörigen.

Eine  kleine private Erinnerung  im Alter von 5 Jahren ist dazu erlaubt. Mit einem Pappschild um den Hals mit Schriftzug HAGEN, einen kleinen roten Vulkankoffer in der rechten Hand übergab mich die Mutter auf dem Peron dem Schaffner unter Aushändigung einer Zigarre in „treue Hände“. Meistens waren die Züge überfüllt und ich wurde im Abteil 1. Klasse deponiert, wo die Herren auch alle Zigarren hatten und rauchten. In Hagen stand glücklicherweise die Großmutter, nahm mich gegen eine Zigarre vom Schaffner in Empfang und die Straßenbahnlinie 8 brachte uns nach Hagen - Wehringhausen. Ich war damals übrigens  der festen Überzeugung, dass neben der neuen DM auch noch eine Zigarrenwährung bestand. Die Rückfahrt nach 4 Wochen verlief ebenso, das Brustpappschild  musste nur umgedreht werden mit dem neuen Heimatbahnhof. Der Bummelzug benötigte 3 Stunden, die Landschaft war großartig und die Funken der Kohlenlokomotive waren nur in den Kurven bei verbotenem Herauslehnen aus dem Zugfenster in den Augen  überflüssig, schmerzhaft  und gefährlich. Diese kleine Geschichte stünde heute in der Zeitung, das Jugendamt nähme mich in seine Obhut und mein weiteres Leben wäre über  die Heimunterbringung hoffentlich bei netten Pflegeeltern optimal verlaufen! Aktuell bei einem Schicksalsschlag oder Unfall  ist neben Polizei, Feuerwehr sicherlich rasch ein  psychologisch geschulter erster Nothelfer zur Stelle und in Todesfällen der ehrenamtliche abrufbare Erstseelsorger. Der deutsche Bürger verlangt  heutzutage schnellstmögliche Versorgung und Betreuung  in allen Lebenslagen physisch, psychisch und natürlich auch möglichst in finanzieller Hinsicht.

Parteienlandschaft in Holzwickede in der Nachkriegszeit

Verständlich etablierte sich eine Parteienlandschaft in der Nachkriegszeit  erschwert und bezog sich  der Not gehorchend zunächst auf die  Ausgangsverhältnisse   der Weimarer Republik Ende der 1930er Jahre!  Im März 1946  konnte  dann auf dieser Basis ein Bürgermeister gewählt werden.

Gewählt wurde Erwin Heller  - zugehörig der SPD -  und die britische Militärverwaltung  bestätigte  ihn nach der Sitzung (28.März 1946) im Rathaus als ersten Gemeindebürgermeister in Holzwickede nach dem 2. Weltkrieg. Nachfolgend einmal ein Bewerbungsschreiben von Erwin Heller an die Zechendirektion der Caroline im  Jahr 1926.

 

Erwin Heller stammte  aus dem Haus  Nr.130 auf der Wickeder Chaussee (heute B1)

 

Das Bild aus dem Jahr 1914 zeigt sein Elternhaus mit der Kolonialwarenhandlung Gustav Heller (bestand wohl bis 1936). Von links  nach rechts Herr Heller, Fr. Heller, Erwin Heller (später Bürgermeister), Großmutter, Erich Heller. S.a. Menüpunkt Zeche 10. Fortsetzung.

Neben den altbekannten Parteien SPD und KPD etablierten sich im Jahr 1946  in Holzwickede die neu gegründete Christlich-Demokratische Union  CDU  (Startbasis aus der Auflösung der ZENTRUM – Partei 1933) und die Freie Demokratische Partei FDP und letztere Partei war ab den Wahlen im Jahr 1949 in Holzwickede dabei. Anfangs war noch der Bund der Heimatvertriebenen   und Entrechteten  BHE in den Wahlen  vertreten, die KPD wurde im Jahr 1956 verboten und die drei Parteien SPD, CDU und FDP bestimmten langjährig das Wahlergebnis und das politische Geschehen in Holzwickede  und dies mit der SPD als stärkste Partei. Teils persönlicher Parteiwechsel oder Neugründungen z.B. PWG (parteilose Wählergemeinschaft) führten sicherlich zu erlebnisreichen Tagungen im Gemeinderat z.B. 1964/68.   Alle weiteren  Wahlergebnisse und Parteien hier vorzustellen,  ist nicht beabsichtigt und würde den Rahmen der Ausarbeitung sprengen.  Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die ausführliche Vorstellung durch WILLY TIMM in seinem Buch zu Holzwickede aus dem Jahr 1988. Die spätere Neugründung des Bürgerblocks als  lokale Partei  BBL  ab dem  Jahr 1989 ist bis in die aktuelle Zeit  für Holzwickede von wichtiger politischer lokaler Bedeutung geworden. Auch die GRÜNE Partei etablierte sich stabil  und aus dem jahrzehntelangem und bestimmenden „Dreierklang“ von SPD, CDU und FDP  waren nun 5 Parteien vertreten. Aber eine weitere Partei  ( Die Partei) hat  den Weg in den Gemeinderat gefunden,  das Auftreten der AFD  ist ernsthaft zu verfolgen und  zum Herbst 2025  ringen 17 Parteien um die Gunst des Wählers ! Neben dem Buch Timm ist die  weiterführende Lektüre der Schrift  50 Jahre HOLZWICKEDE  Emscherquellgemeinde 1968-2018   als wesentliche Basis zum Auftreten, Entwicklung  und lokalem Verständnis von Politik und Gemeinderat zu empfehlen. Hier finden sich auch die Hinweise  zur Einführung des hauptamtlichen Gemeindedirektors  im Jahr 1966 und langjährig mit Willy Köcher, Nachfolger Friedrich Schwager und letztmalig Heinrich Kampmann besetzt. Wurde der jeweilig gewählte Bürgermeister häufig nur  unter repräsentativem Blickwinkel gesehen, so ist nach dem Jahr 1999  mit der Zusammenlegung von Verwaltungsdirektorenstelle und Bürgermeisteramt  eine politisch gänzlich neue  Struktur in Verwaltung und Politik  zu verzeichnen und hat auf lokaler Ebene in Holzwickede  sicherlich bis dato erfolgreich zur weiteren Entwicklung der Gemeinde  verantwortungsvoll agiert.

Nach dem kurzen Ausblick auf die Parteienlandschaft zurück in die Nachkriegszeit

Das Jahr 1948 hatte mit der Währungsreform auch eine wesentliche  Entscheidung  für die Entwicklung im westlichen Zonenbereich nach dem 2. Weltkrieg zur Folge. Die „letzte Stunde“  der Reichsmark nachfolgend philatelistisch dokumentiert.

 

Innerhalb kürzester Zeit verbesserte sich die Versorgungslage der Bevölkerung und auch die Materialengpässe in der Industrie  reduzierten sich eindrucksvoll und die Zeche Caroline konnte endlich ihre zerstörte und dringend notwendige Kohlenwäsche wieder aufbauen. Dennoch verschlechterte sich die Produktionslage der Zeche  Caroline gegen Ende des Jahres 1949 deutlich auf ca. 100.000Tonnen Jahresleistung und dies nur noch im Gebiet der  ehemaligen Zeche Norm und war keinesfalls auch nur entfernt konkurrenzfähig zu den starken  Ruhrgebietszechen. Zeche Zollverein brachte es bereits  in den 1930er Jahren  auf eine Tagesleistung von 12.000Tonnen. Die Zeche Caroline war trotz vielfältiger Überlegungen nicht mehr rentabel und  am 31.Mai 1951 erfolgte die Stilllegung.  S.a. Menüpunkt Zeche Caroline.

In Holzwickede brachen die Arbeitsplätze Anfang der 1950erJahre der Zeche Caroline und vom  Eisenbahnumschlagplatz mit jeweils fast 1000 Mitarbeitern weg und das Werk Wiederholt konnte hier durch Expansion seiner Rohrproduktion vielen Menschen eine neue ortsnahe Arbeitsstätte geben. Vincenz Wiederholt gelang nach dem 2.Weltkrieg die Exportlastigkeit zu  überwinden,  und seine mehrfach bewiesene kaufmännische Erfahrung erkannte mit dem einsetzenden Wirtschaftswunder die Chance sein Werk auf die inländische Automobilindustrie  auszurichten im  Gegensatz zu anderen ähnlich gelagerten Verhältnissen im Ruhrgebiet. Der teils mühevolle Firmenaufbau durch Vincenz Wiederholt hatte daher für die  bis zu 1200 Belegschaftsangehörigen mit ihren Familien und für die Gemeinde Holzwickede über  Jahrzehnte einen dankenswerten Aspekt und unter dieser Sichtweise hat  Bundespräsident Prof. Dr. Theodor Heuss sicherlich das Bundesverdienstkreuz I. Klasse an Vincenz Wiederholt im Jahr 1958 verliehen.

S.a. Menüpunkt Gewerbe und hier Vincenz  Wiederholt.

Fortsetzung folgt