Holzwickede – Rathaus
2.Fortsetzung
18.02.2025
Wer siegt, hat aktuell und in der Regel auch rückblickend das Recht auf seiner Seite. Dieser lapidare Satz gilt seit Jahrtausenden und Karl der Große, der das Frankenreich zur imperialen Großmacht führte und im Jahr 800 mit seiner Kaiserkrönung damit wieder die Voraussetzung seit der Antike gelang Das Heilige römische Reich deutscher Nation bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts erneut als historisch fragwürdige Geschichtsklitterung zu etablieren.
Dies gelang Karl dem Großen nicht im heutigen demokratischen Politikverständnis sondern in unzähligen martialischen Feldzügen teils unter dem Deckmantel der Christianisierung mit Wohlwollen und Begleitung päpstlichen Einverständnisses oder sogar Rückversicherung und lag damit auch durchaus passend in der Erwartungshaltung seiner Untergebenen.
Sein Testament war dann auf die Erhaltung des Frankenreiches konzipiert, aber nach seinem Tod im Jahr 814 teilte sich im Erbfolgegeschehen das umfassende europäische Gebiet relativ rasch in ein West – und Ost – Frankenreich und zur letzteren Region gehört nun Holzwickede.
In den Jahren von 800 bis 1200 firmierten mehrere Grundherren zugleich hier vor Ort und es war sicherlich von großer Bedeutung dabei an erster Stelle den Erzbischof von Köln zu nennen und vermutlich die zweitmächtigste Person nach dem Kaiser im genannten ostfränkischem Bereich.
Aber Kirche und Staat zur damaligen Zeit sind als Macht- und Besitzstrukturen nicht zu trennen. So sind an dieser Stelle u.a. zusätzlich die Großgrundbesitzer mit der Abtei Werden, der Abtei Siegburg, dem Kloster Herdecke und dem Stift Fröndenberg anzuführen.
Vermutlich daher erstmalige Erwähnung von Opherdicke in einer Urkunde der Benediktiner Abtei in Werden. 1150 wird dort ebenfalls wohl der Haarstrangort Hengsen angeführt.
Aber durch zunehmende Lehen sowohl geistlicher als auch weltlicher „Besitzer“ bildete sich ein Besitzer-Verwalter-Adel heraus, der nach Unabhängigkeit strebte.
In diesem Zusammenhang ist zum Jahr 1225 der Graf von Isenberg (*1193 †1226) schicksalhaft zu nennen. Als Sohn des Grafen von Altena, wohnhaft auf der Burg Isenberg bei Hattingen mit genealogisch zahlreichen Beziehungen zum Erzbistum Köln geriet er doch in mörderischen Konflikt mit dem Kölner Erzbischof Engelbert I. der zusätzlich Reichsverweser des Kaisers war. Die Äbtissin Adelheid vom Frauenstift Essen verklagte nun Graf Isenberg mehrfach erfolglos beim Erzbischof in Köln und schließlich bis hin zum Papst bezüglich der Bereicherung von Graf Isenberg an dieser Kirchvogtei. Engelbert zunächst noch neutral seinem entfernt Verwandten zugetan. Aber nach nun angesetzter juristischer Verhandlung in Soest kam für Isenberg ein Vergleich nicht in Frage und eine Wiederaufnahme des Verfahrens in Köln unter Engelbert war außerhalb seiner Vorstellung und mit einem Überfall im Hohlweg bei Gevelsberg auf den Erzbischof eskalierte 1225 die Situation von einer wohl beabsichtigten Gefangennahme mit dem Mord an Engelbert.
Dies war sicherlich Ausgangspunkt zur Ausstellung AUFRUHR 1225 im Westfälischen Landesmuseum in Herne im Jahr 2010 mit einem überaus lesenswerten umfangreichen 600seitigen Katalog im Verlag Philipp von Zabern, Mainz zum Mittelalter an Rhein und Ruhr mit seinen Rittern, Burgen und Intrigen.
An dieser Stelle nur kurz der weitere Verlauf zum Mord: Erzbischof Engelbert wurde zur verehrenden Kultfigur (mit späterer Heiligsprechung) stilisiert und Graf Friedrich von Isenberg mit der Reichsachtung verurteilt, bat vergeblich in Rom beim Papst um Gnade. In Lüttich auf dem Rückweg für 2000 Silbermark verraten, wurde er in Köln zu Tode verurteilt in der damals durchaus möglichen und qualvollen Form auf dem Rad aufgebunden nach Zerschlagen seiner Glieder. Ich erspare mir dazu mögliche Illustrationen. Frau des Grafen Isenberg kämpfte vergeblich für ihre Kinder und Familie, geriet in Armut und Vergessenheit und die Isenburg verfiel zur Ruine.
Es verschob sich damit auch das gefühlte Machtgefüge mit einer Trennung Rheinland und Westfalen und in unserer Region zugunsten der Grafschaft Mark. Zunächst im 12. Jahrhundert in Altena, verlegte man den Stammsitz auf die Burg Mark bei Hamm strategisch günstig (Salzhandel, Wasserwege Lippe und Ruhr) mit der Hellweg - Region als Verbindung vom Rhein bis zur Weser.
Anfang des 13. Jahrhunderts wird Holzwickede als Holtwicken in den Vogteirollen des Stiftes Essen erwähnt und die Abtei Herford belegt den Ortsteil Natorp zur gleichen Zeit als Nortdorp. Aber auch der Ortsteil Rausingen findet als Besitztum der Abtei Herford als Rosinchusen Erwähnung.
Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts versuchten nun die Grafen von der Mark entsprechend ihrer Landesherrschaft ihre Besitzungen und Rechte zu einem einheitlichen Staatsgebiet zu formieren. Ämter der Grafschaft entstanden im 14./15.Jahrhundert. Unterste Verwaltungseinheit bildeten dann die Kirchspiele in Holzwickede basierend auf der Urpfarrei in Opherdicke.
So bildeten sich 14 Ämter und 6 selbstständige Gerichtsorte im Verwaltungsbereich der Mark aus. Die Ämter umfassten ca. 8 bis 12 Kirchspiele, die ihrerseits sich aus mehreren Bauernschaften zusammensetzten. So war das Kirchspiel Opherdicke dem alten Amt Unna eingegliedert und in 2 Bauernschaften eingeteilt: die „Oberbauernschaft“ Opherdicke und Hengsen und die „Unterbauernschaft“ mit den Bauernschaften Dudenroth, Holzwickede, Natorp und Rausingen. Grundherrliche Gerichte waren im Süden der Mark dem Amt Unna angegliedert und so hatten die adeligen Grundherren der Dörfer Holzwickede, Opherdicke und Hengsen sog. Jurisdiktion oder ein sog. Patrimonialgericht, die bestanden seit dem 15.bis zum Beginn des 19.Jahrhundert! Schwierige Fälle wurden dem Gericht in Unna vorgetragen Übrigens ab 1.12.1812 wurden diese „privaten Jurisdiktionsgerichte“ aufgelöst, zumindest die, die noch bestanden hatten.
Graf Engelbert I. von der Mark fiel fast erwartungsgemäß zunächst in Fehde mit Erzbischof und Namensvetter Engelbert II. in Köln und ein mühsamer Friede wurde im Jahr 1265 erreicht nach Heirat Engelberts mit der Nichte des Kölner Erzbischofs. Dessen Nachfolger Siegfried von Westerburg war seinerseits durchaus machthungrig am Rhein und bis Westfalen unterwegs und die adligen Herren schlossen nun ihrerseits 1277 ein Interessenbündnis.
In dieser Situation wird das Herzogtum Limburg nach kinderloser Ehe und Tod zum Streitfall vielfältigster teils verworrener Machtinteressen. Eine Abhandlung im Detail dazu wäre aber auf dieser Homepage zu weitführend. Die Grafschaften Berg und Mark waren eigentlich dem Erzbischof von Köln in dessen Funktion als Herzog von Westfalen zur Heerfolge verbunden.
Graf Eberhard von der Mark sah seine eigenen Machtansprüche unter dem Grafen Adolf von Berg und dessen Anspruch auf das Herzogtum Limburg als legitim und eine offene Feldschlacht im Jahr 1288 war die Konsequenz im Limburgischen Erbfolgestreit in der „verworrenen Schlacht bei Worringen“ und der Graf von der Mark stand auf der richtigen Seite von geschätzten 10.000 Kämpfern mit dem Sieg über den Erzbischof von Köln.
Graf Engelberg I. von der Mark bekommt die Anerkennung als Reichsfürst und auch das Burgenrecht des Adels verbunden mit dem Recht der Stadternennung und ihren Befestigungen (s. Unna).
Durch Heirat kommt im Jahr 1368 der Verwaltungssitz der Mark nach Cleve und 30 Jahre später kommt es auch zum Zusammenschluss der Grafschaft Mark mit Cleve unter Graf Adolf von Cleve.
Fortsetzung folgt