18. Fortsetzung
29.06.2025
Das Jahr 1934 war in vielfacher Hinsicht recht „lebhaft“ und dazu einige kurz gehaltene Anmerkungen zum Verständnis der weiteren Entwicklung auch in der Gemeinde Holzwickede.
Mein Bestreben ist auch in textlicher Form nun die Lebenssituation in der NS – Zeit zumindest andeutungsweise zum Verständnis näher zu bringen und im Nachhinein diese extreme Ausnahmeentwicklung einzuordnen und dies durchaus mit philatelistischen Material. Eine allein rein architektonische Vorstellung der 110jährigen Rathausgeschichte halte ich nicht für ausreichend.
Es kam zum Kirchenkampf in der evangelischen Glaubensgemeinschaft und auch dies war auf die veränderte politische Situation mit den Nationalsozialisten zurückzuführen. Dazu am Beispiel von Holzwickede später mehr.
Die angestrebte totale Vereinnahmung des deutschen Bürgers in die „angestrebte allumfassende NS - gesteuerte Lebensform“ war mit der Zerstörung der politischen Parteienlandschaft schnell erreicht, Abschaffung der alten Gewerkschaftsstruktur gelang ebenso zügig und dazu einmal kurz auch an dieser Stelle meine Vorstellung aus https://www.postautomation.de/volkswagen-ein-deutscher-mythos/idee-des-volkswagens/
Hitler festigte seine Macht, die Volksvertretung entmachtete sich nach dem Brand des Reichstages selbst, innere Schwächephasen der NSDAP wurden durch den Röhm-Putsch überwunden und es folgte eine Gleichschaltungsmanie eines ganzen Volkes mit und gegen seinen Willen. Die folgenden Absenderfreistempel belegen die Situation sinnfällig
- Adolf Hitler ist Deutschland // Das Deutschland Adolf Hitlers -
Die Propagandamaschinerie lief, man wollte ein gleichgeschaltetes und gleichdenkendes Volk
und dies in allen Bereichen des Lebens
Die Nationalsozialisten erklärten das ganze Volk zu ihrem Besitzstand und dies in und aus allen Lebensbereichen heraus. Parteigegner wurden verfolgt und zunehmend kam auch eine intolerante und rassistische Ideologie zum Tragen. Presse und Rundfunk wurden entsprechend zur umfassenden Indoktrinierung genutzt.
Schon im November 1933 gab es einen volkswirtschaftlichen Aufklärungsdienst, der im
Slogan des Absenderfreistempels darüber informiert, wo der Deutsche gefälligst einzukaufen hat
und auch was „amerikanisch“ ist oder nicht, bedurfte wohl auch einer Erklärung.
Der Begriff VOLK wurde überhaupt erheblich strapaziert. Jeder Deutsche wurde ein VOLKSGENOSSE, die Parteimeinung stand im VÖLKISCHEN BEIOBACHTER und der VOLKSEMPFÄNGER brachte die gewünschte Staatspropaganda bis in den letzten Winkel des Reiches und natürlich sollte auch ein VOLKSWAGEN her und die letzte apokalyptische Erscheinung war dann der VOLKSSTURM, „denn ein Volk hilft sich schließlich selbst“!
Absenderfreistempel - VÖLKISCHER BEOBACHTER
Der folgende Ausschnitt belegt neben dem Rundfunk hörenden VOLKSGENOSSEN auch noch
die Arisierung des Kaufhauses Tietz in Stuttgart zur „Union“ Kaufstätte.
Presse und Rundfunk im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie:
Die Hitlerjugend lauscht organisiert der Reichspropaganda am Volksempfänger,
die Eltern lesen die Zeitung DER FÜHRER.
Die nationalsozialistische VOLKSWOHLFAHRT wurde im April 1932 gegründet.
Ein VOLKSGESUNDHEITSDIENST war schon obligatorisch zu erwarten
Für jede Altersgruppe wurden entsprechende Parteistrukturen geschaffen. Über die NS-Organisation mit den PIMPFEN ging es dann gleich in die HITLER JUGEND - HJ mit allumfassender Schulung und dies auch mittels Freizeitgestaltung im Sinne der Partei.
Stempelabschläge zur Reichsjugendführung und HJ – Lager - Oberstdorf
Dem stand der NS-Lehrerbund im Austauschlager zwischen Alpen und Nordsee nicht nach
Die Studenten gehörten ins Reichsstudentenwerk, die Korporationen wurden verboten.
Die Gewerkschaften wurden direkt nach der Machtübernahme 1933 durch die
Nationalsozialisten aufgelöst, das Vermögen konfisziert und die von Robert Ley aufgebaute
NS – Organisation DAF - DEUTSCHE ARBEITSFRONT - beanspruchte den
Alleinvertretungsanspruch der deutschen Arbeitswelt.
Die Deutsche Arbeitsfront fand sich aber nicht nur allein zuständig für die Berufswelt, sondern vereinnahmte die Bürger auch möglichst in allen Freizeitaktivitäten und gründete dafür die NSG (National Sozialistische Gemeinschaft) – „Kraft durch Freude“ = KdF-Organisation.
hinaus bis zur Freizeitgestaltung mit der dortigen Zugriffsmöglichkeit auf eine begleitende, parteikonforme und zielgerichtete Propaganda. Das schloss auch die Urlaubswelt ein und wurde durch die allumfassende Partei auch gleich mitgestaltet.
Der übliche NS – Gigantismus ist am Beispiel des Seebades in PRORA bis heutzutage in architektonischen Strukturen zu besichtigen, die allerdings nach nun 70 Jahren neuen Verwendungsmöglichkeiten zugeführt werden und ehemals für 20.000 Urlauber auf 4,5km Länge geplant waren !
Eine eigene Schiffsflotte wurde für den organisierten Seeurlaub in Szene gesetzt und auch Robert Ley als Leiter der Arbeitsfront kam entsprechend mit einer Namensgebung am Schiffsrumpf zum Zuge.
KdF – Schiff „ROBERT LEY“
Die KdF-Urlauberinnen grüßen aus Tripolis und mit Datum vom 24.11.1939 ist Deutschland damit seit 3 Monaten im Kriegszustand !
Der Stempel bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Folgende Abbildung ist im propagandistischem Sinne wohl kaum noch steigerungsfähig
Foto Weltbild aus dem Apotheken-Bilderdienst, Verlag J.J. Weber, Leipzig
Auch ein VOLKSWAGEN gehörte durchaus zur Propagandavision auch wenn später im besagten Werk in der Stadt des Kdf-Wagens - zur Zeit des vorgestellten Absenderfreistempels im Jahr 1942 - keine Personenwagen sondern Militärversionen vom Band laufen sollten.
„Ein VOLK hilft sich selbst“ war dann die Parole, denn der völkische Freundeskreis war bis auf
die Achsenmächte mit Italien und Japan seit 1939 deutlich geschrumpft.
Die Schattenseiten des Regimes mit unbarmherziger Intoleranz, mit Rassenwahn und Judenverfolgung und Denunziationen bis in die eigene Familie hinein darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben und über die parteikonforme Indoktrinierung wachte die geheime Staatspolizei in der Regel mit fürchterlicher Konsequenz.
„Intelligenterweise“ nutzt im obigen Beispiel die geheime Staatspolizei (Gestapo) in ihrem Absenderfreistempel zwar den Decknamen Albrecht & Rudolph und dies auf einem vorbedruckten Briefumschlag jedoch mit hinweisender Absenderangabe Geheimes Staatspolizeiamt, Berlin SW 11, der berüchtigten Adresse an der Prinz- Albrecht- Straße in Berlin.
Nach diesem Ausflug und Überblick zur nationalsozialistischen „VOLKSBEGLÜCKUNG“ sind nun aber die Kirchenstrukturen im Deutschen Reich nicht auszuklammern und dies soll nun wieder nach Holzwickede zurückführen.
Fortsetzung folgt