Holzwickede – Rathaus Holzwickede
10. Fortsetzung
24.04.2025
Der Gemeinderat blieb aber bei seiner Beschlussfassung und dem Bau des Gemeindehauses stand nichts mehr im Wege.
Die Ausführung und Auftrag übergab der Gemeinderat dem Amtsbaumeister Stricker aus Aplerbeck nach seinen im Januar 1914 vorgelegten Plänen und seiner Baubeschreibung.
Örtliche Handwerker sollten beim Bau des Gemeindehauses bevorzugt werden und so verteilten sich die Gewerke:
Friedrich Hoffmann / Maurermeister, Josefstraße 29 für Erd- u. Maurerarbeitern
Wilhelm Garre / Schreiner, Poststraße 4 für die Zimmereiarbeiten
Georg Griesel /Dachdecker, Kaiserstraße 8 für die Dacharbeiten und
Julius Apprecht / Klempner, Kaiserstraße 26 für die Ausführung Klempnerarbeiten
Zunächst einige Hinweise zu Friedrich Hoffmann (Bild Ehepaar Hoffmann)
Kurz etwas zu Friedrich Hoffmann geb. am 1.10.1860. Ausbildung zum Maurermeister baute er 1888 in der Josefstraße sein Baugeschäft mit großem Hof für Lagerung des Baumaterials und Stallungen für die Pferde. Schon früh hatte er auch italienische Arbeiter für die Verarbeitung von Terrazzo-Steinen beschäftigt. Er erhielt den Auftrag im Jahr 1914 für die Erd-und Maurerarbeiten für den Neubau des Gemeindehauses und im Mai 1914 war Beginn der Ausschachtungsarbeiten.
Das Jahr 1914 wurde aber auch schicksalhaft mit dem Beginn des 1.Weltkrieges
An dieser Stelle die Eskalation zum Ausbruch des 1. Weltkrieges vorzustellen und in die alleinige Schuldfrage Deutschlands einzusteigen, ist nicht beabsichtigt. Fakt und Status waren ein allseits hohes aufgebautes Militärpotential und propagandistisch geschürte Vorurteile in England, Frankreich, Deutschland und Russland mit „Erbfeinden hinter den Landesgrenzen“ und es genügte wohl ein Funke, um die Situation im Jahr 1914 zu entladen. Im offenen Automobil wird am 28.Juni 1914 der österreichische - ungarische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo von extremen Nationalisten aus der serbisch - bosnischem Untergrundbewegung erschossen. Dazu folgend eine Bildillustration (Wikipedia). Ebenso erlag seine begleitende Ehefrau Herzogin Sophie den zugefügten Schussverletzungen.
Der 1. Weltkrieg 1914 bis 1918 war ausgehend von diesem Ereignis nicht mehr aufzuhalten, die Mobilmachung erfolgte mit Kriegserklärung am 1.August 1914 Deutschlands an Russland, 3 Tage zuvor hatte die habsburgische Monarchie schon dem serbischen Königreich den Kriegsfall erklärt und kaskadenförmig schlitterten die europäischen Mächte in das folgende Kriegsdesaster. Deutschland griff Frankreich über Belgien an, missachtete dessen Neutralität und zwang damit England konsequenterweise mit in diesen Krieg. Von den vielen existierenden verherrlichenden und zeitgenössischen Ansichtskarten dazu folgend ein besonders extremes Beispiel der martialischen Einstellung zum kommenden 1. Weltkrieg. Das Volk steht auf, der Sturm bricht los aus dem Gedicht Männer und Buben von Theodor Körner (Freiheitskämpfer unter den schwarzen Dragonern gegen Napoleon und am 17. Juni 1813 verwundet und gefallen) und auch die Textzeilen stammen aus diesem Werk. Kurz zur Erläuterung: mit dem FLAMBERG ist das ehemals beidhändig geführte Schwert der Landsknechte gemeint und ferner die Feldpostkarte mit den Worten Wilhelm II. Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie mit den Vätern. Dieser anmaßende und unerfüllbare Wunsch wurde in allen Feldgottesdiensten und auf allen Seiten von den Kriegsparteien hoffärtig gepredigt.
Aus der Zeit des 1. Weltkrieges existieren viele Fotopostkarten mit dem Bezug zu Holzwickede, denn in den Mobilisierungsplänen von 1914 war Holzwickede als Verpflegungs- und Umschlagbahnhof der Militärtransporte fest eingeplant.
Der Schreiber obiger Karte (Schrift nachgezeichnet, da dtl. verblasst) hatte wohl die Aufgabe die Militärverpflegungsstationen zu überprüfen und lobt mit Datum vom 12. August Holzwickede in höchsten Tönen im Vergleich zum desolaten Zustand in Hamm (Westf.). Die eskalierende politische Lage brachte die zivile Eisenbahnverwaltung schon ab 27. Juli 1914 vollständig unter die Oberste Heeresleitung. Mit der allgemeinen Mobilmachung am 1.August wurde jeglicher Zivilverkehr auf den Bahnstrecken unterbrochen und erst nach Tagen und Wochen wieder eingeschränkt aufgenommen. Es fuhren nur noch Züge im Rahmen der Soldatenmobilisierung und im Militärgütertransport. Der Bahnhof Holzwickede wurde militärische Verpflegungsstation mit täglich möglichen oder erforderlichen mehreren tausend Essensportionen und nachfolgend einmal die Verpflegungsmannschaft.
Die Verpflegungsbaracken waren nun von Hoffmann und Garre östlich vom Bahnhofsgebäude zwischen den beiden Bahnhauptstrecken errichtet worden und die Rathausarbeiten waren der Situation dementsprechend am 6.8.1914 stillgelegt worden. Auf der folgenden Feldpostkarte berichtet ein Soldat am 1.9.1914 von seiner Nachtzugfahrt über Lippstadt und in Holzwickede hier essen wir schöne Erbsensuppe, es schmeckt immer.
Hinweis an dieser Stelle: s. auch 7. Fortsetzung im Menüpunkt Zeche Caroline
Die Mitarbeiter des Bauunternehmens Hoffmann wurden übrigens kriegsbedingt größtenteils zum Kriegsdienst eingezogen und auch die Pferde wurden bis auf 2 Karrengäule beschlagnahmt. Der Sohn Emil fiel im Weltkrieg und der älteste Sohn Rudolf übernahm das Bauunternehmen. Diese Hinweise stammen aus Aufzeichnungen von Ottilie der jüngsten Tochter von Friedrich Hoffmann. Sie notiert auch den frühen Tod ihres Vaters im Jahr 1922 bei schlechtem Ernährungszustand und Trauer und Gram um den gefallenen Sohn Emil.
Zurück zum Rathausbau.
Trotz der Unwägbarkeit des begonnenen 1. Weltkrieges empfahl Amtsbaumeister Stricker lieber die Fortsetzung im Baugeschehen, um durch den drohenden Wintereinbruch Schäden am Bauwerk zu vermeiden.
Fortsetzung folgt