Holzwickede – Post
14. Fortsetzung
13.03.2024
Zur Reichspost noch eine Postkarte mit eingedrucktem Postwertzeichen mit Germania 5 Pfennige und ein Gruß aus Moers mit Abgangsstempel vom 6.2.00 und 2-3V (vormittags) mit Ankunftsstempel Holzwickede 6.2.00. und 8-9 N.(nachmittags) Post anscheinend im 24 Stundendienst !
Der Kartengruß sollte Herrn Rudolf Pietschmann in Holzwickede am Bahnhof erreichen und diese Anschrift ist völlig korrekt, war doch Pietschmann zu dieser Zeit Stationsvorsteher und der Bahnhof hatte zu diesem Zeitpunkt vermutlich seine folgende 4.Ausbaustufe erreicht
Die obige Ansichtskarte vom Bahnhof war ein Neujahrsgruß zum Jahreswechsel 1903 und gerichtet an August Siebel in der Sölderstraße. Das Bild erzählt einige Hinweise unter der Lupenbetrachtung. Das Schild im Vordergrund kennzeichnet nach links den südlichen Bahnsteig Richtung Unna (die Bahnsteigkante wird gerade von 2 Arbeitern ausgebessert) und nach rechts der nördliche Bahnsteig Richtung Dortmund. Die vierte Ausbaustufe war zwar erreicht, aber das Glasdach zum südlichen Bahnsteig fehlt noch (wurde in 2 Stufen ausgebaut) ebenso wie die Zaunabtrennung des Bahnhofkomplexes. Im Hintergrund rechts der Zechenturm und Schornstein der Zeche Caroline, links davon der Wasserturm versteckt in den Bäumen und weiter nach links die 60m lange Fußgänger – Stahlbrücke über die Gleise. Die Lupe offenbart eindeutig einen relativ breiten Treppenbau ca. mittig der Brücke zu den Bahngleisen hin!
Der 1. Weltkrieg wurde im Menüpunkt Holzwickede – Zeche (s. 8.Fortsetzung) angesprochen und ebenso die problematische Nachkriegszeit mit Verarmung und Inflation. Dazu wurden bereits Belege zur Zeche Caroline vorgestellt, die ich hier noch einmal einreihe.
Ob die desolate Geschäftslage nach dem 1.Weltkrieg allerdings der Grund war, dass die Einkaufs-Abteilung der Zeche Caroline ein Angebot der Fa. aus Hannover abgelehnt hat, bleibt fraglich (s. folgende Geschäftspostkarte mit Poststempel Holzwickede vom 20. September 1919) und zu dieser Zeit ist nun ein dritter Streik auf Caroline zu registrieren.
Mit Datum vom 11.2.1922 bestellt folgend Fritz Ruhfaut 12 Fläschchen echtes Haarlemer- Oel per Nachnahme. Das besagte Oel ein Produkt der Naturheilkunde aus Schwefel, Terpentin und Leinöl ist praktisch für und gegen Alles seit dem 17. Jahrhundert hilfreich und gesund. Fritz Ruhfaut war Bahnarbeiter und versprach sich etwas vom besagten Oel.
Vorstehend die Freimachung aus der VIII. Freimarkenserie Germania (1920/21) und das Entgeld zu 2x 11/4 Mark dokumentiert schon die anziehende Inflation. Absender Holzwickede im Kreis Hörde ist korrekt, denn erst 1928/29 kam Holzwickede zurück in den Kreis Unna. Auch die Kuhstraße ist richtig, denn erst im Jahr 1968 entstand die Großgemeinde Holzwickede und die Kuhstraße in Opherdicke durfte ihren Namen behalten und in Holzwickede und damit im Alten Dorf wurde daraus später die Birkenstraße und dazu ein altes Bild vom Gasthof ZUM DORFKRUG Ecke Dorfstraße (heute Goethestraße) und Kuhstraße (heute Birkenstraße) und hier zur damaligen Kuhstraße auch der alte Türzugang. Das Fenster in der Tür konnte geöffnet werden und war für späte Kunden für ein „Bier to go“ nutzbar. Beachtenswert der „umgezogene“ Briefkasten vom alten Haus Gravert gegenüber.
Nach der französischen Besetzung des Rhein-Ruhr-Gebietes im Jahr 1923 wegen ausstehender Reparationszahlungen aus dem Friedensvertrag zu Versailles und damit ausgelöster Hochinflation war wirtschaftliche Not in allen Bereichen. Die Belegschaft der Zeche Caroline versuchte im Jahr 1925 durch Mehrarbeit ohne Lohnvergütung zu überleben. Gesetzlich nicht erlaubt, wurde das interne Betriebsabkommen verboten und ausgesetzt, zu späteren Krisenzeiten aber auch dennoch durchaus toleriert mit Nutzung von Feierschichten = unbezahlte Freischichten.
Postalische Belege aus dieser Zeit dokumentieren die Situation und den Beginn der Inflation
Januar 1923 Postkarte zu 25 Pfennigen und schon im Februar der Brief zu 300 Deutsche Mark
Nach der Hochinflation wurde ab 1.12.1923 als neue Währung die Rentenmark eingeführt.
1 Rentenmark entsprach 1 Billion Papiermark (!) und zum Oktober 1924 wurde dann die Reichsmark eingeführt. Die Postwertzeichen zur Rentenmark waren bis zum 31.1.1928 gültig und dazu eine Postkarte mit Datum und Poststempel Holzwickede vom 6.1.25 erneut nach Haarlem (Niederlande). Freimarke: Wertziffer im Kreis mit Rosetten-Muster („Korbdeckel“).
Gustav Müller aus der Sedanstraße 19 (heute Vinckestraße und benannt nach 1.Oberpräsidenten der Provinz Westfalen im Jahr 1815) bestellt ebenso wie Fritz Ruhfaut 12 Fläschchen echtes Haarlemer- Oel per Nachnahme. Das besagte Oel ein Produkt der Naturheilkunde aus Schwefel, Terpentin und Leinöl ist wohl praktisch für und gegen Alles seit dem 17. Jahrhundert hilfreich und gesund.
In der Sedanstraße 74 wohnte auch der Postbeamte Max Apprecht und dazu einmal eine kleine Lebensgeschichte nach seiner Enkelin: Geboren war der Großvater in der Kolonie der Zeche Caroline im Jahr 1895. Er heiratet nach überlebtem 1. Weltkrieg als Soldat an der Westfront (Verdun) eine Jugendfreundin und Mitbewohnerin aus der Kolonie. Zunächst noch Postkutschendienst mit Posthorn in Altena wird er dann Postbeamter in Holzwickede und wohnt zunächst bei den Schwiegereltern an der Weißenburgerstraße (heute Massenerstraße) gegenüber vom alten Steigerhaus der Zeche am Brauck (steht noch). Baute 1928 mit dem Bauverein in der Sedanstraße (heute Vinckestraße). Zunächst recht sportlich als Landbriefträger bis Kellerkopf und Hengserheide mit bis zu 40km täglich zu Fuß in allen Wetterlagen und spez. zu Weihnachten noch mit Paketen belastet. Ein eingepackter Hase, abgestellt am Landweg, wurde ihm leider widerrechtlich entwendet. Die Briefträger der damaligen Zeit s.a. Rentenzahlung waren dann in der Regel in den Wohnungen tätig und so ist das abgestellte Hasenpaket erklärlich, aber auch der Stoffballen abgestellt am Kanonenofen im Rahmen einer Post- oder Rentenzustellung gefiel dem Schneider- wohl Carl Externbrink am Kellerkopf - nicht mehr, da ein Brandloch durch alle Stofflagen entstanden war. Das spätere Fahrrad zur Erleichterung war allerdings am Berg zu schieben. Er wurde dann Briefträger in Holzwickede mit 2xtäglicher Zustellung! Landpostbezirke wurden bis zum 2. Weltkrieg nur 1x täglich bedient und dies galt auch für Samstag, Sonntag und Feiertage! Später kam er dann in den Innendiest im Postamt in der Königstraße (heute Stehfenstraße, Zerstörung Luftangriff 23.3.1945) und war in der kurzfristig eingerichteten Notpoststelle im katholischen Jugendheim tätig. Rasche Verlegung der Postnotunterkunft in die Hans Schemm Schule (dann wieder Aloysiusschule) durch Teilung eines Klassenzimmers und seit 1948 war Max Apprecht noch für 7 Jahre in der Bahnhofstraße im Haus Hohagen und neuer Poststelle zugeteilt und beendete seine Laufbahn als Postbeamter nach weiteren 2 Jahren (1958) und dem Umzug in das neue Postgebäude (1956) am Markt als Oberpostsekretär. Der Postbeamte Max Apprecht hat also allein 5 Umzüge des Postamtes Holzwickede erlebt!
Fortsetzung folgt