Holzwickede – Post
7. Fortsetzung
27.01.2024
Aus dem Jahr 1874 ist noch eine interessante Correspondenz- Karte mit eingedrucktem Postwertzeichen vorzustellen aus Carlsbad mit Stempel vom 28.6. 1874. Carlsbad – ein berühmter Badekurort seit alters her – liegt in Böhmen und gehörte zum obigen Zeitpunkt zum Kaisertum Österreich. Das rückseitige Schreiben ist gerichtet an den Postinspektor Rohaneck in Holzwickede Prov. Westfalen. Mit dem Postinspektor Rohaneck ist sicherlich damit der erste Postexpedient für Holzwickede vorzustellen, der im Buch von Willy Timm erwähnt wird und im Jahr 1875 verstarb. Sein Nachfolger wurde der Postverwalter C. Brooks bis zum Jahr 1889.

Schon aus der Zeit unter Brooks stammt der folgende Brief gesiegelt aus der königlich preußischen Gerichts-Deputation in Unna mit Poststempeldatum vom 6.11.1877 an den Schneidermeister Wilhelm Ringholt genannt Rabe Hohenleuchte – Holzwickede. Nach Aussage von Nachkommen in der Sölderstraße tätig gewesen. Ankunftsstempel Holzwickede gleicher Tag.

Folgend schon von der Adresse her ein interessanter Briefbeleg mit Kirchensiegel der evangelischen Gemeinde FRÖMERN. Poststempel Unna vom 4.10.1878 gerichtet an Herrn Bernhard Marggraf am Massener Damm bei Natorp Holzwickede. Die Chaussee oder Reichsstraße 1 hatte früh in den Landkarten teils unterschiedliche Abschnittskennzeichnungen. So findet man die Wickeder Chaussee nach Osten gefolgt von der Massener Chaussee und dies entspricht damit der Gleichsetzung mit der Angabe Massener Damm.

Dazu einmal die Restauration Wilhelm Schulze (kam aus Beckinghausen, kleiner Ortsteil Nähe Lünen). Sicherlich eine geschönte Abbildung ca. aus dem Jahr 1905 aber eventuell ein Sonntagsausflug zur Chaussee bei Sonnenschein. Das Gebäude steht aktuell noch in veränderter Form an der alten Streckenführung der Reichsstraße östlich gelegen vom heutigen Flughafen Dortmund und nach Norden ca. 150m verlegt zur heutigen Streckenführung der B1. Der Damm war aufgeschüttet worden, um die Steigung und die Überwindung des Liedbachtales auf der Chaussee zu gewährleisten, da aber anfangs noch die Bahnstrecke Richtung Unna – Hamm ohne Überführung war, blockierte eine Bahnschranke die Chaussee mit problematischen Fahrsituationen bei Eis und Schnee und notwendigem Halt bei gleichzeitiger Straßensteigung.

Am 1.4.1877 erhält die Postexpedition Holzwickede eine Telegraphenstation, dazu eine Maximumkarte Telegraph Bauart nach E. Hughes 1855 in der Ausführung von Siemens & Halske aus dem Jahr 1900 und passende Sonderbriefmarke mit zugehörigem Sonderstempel und ziugehörige Postexpedition Holzwickede Nordstraße Ecke Rausingerstraße.

Erwähnenswert an dieser Stelle ist noch die Einführung von Posthilfsstellen in Preußen ab dem Jahr 1881 zum Einsammeln der Brief- und Paketpost mit Vorsortierung und damit zur Entlastung der Postexpeditionen (Hauptpostämter). So findet sich bei Willy Timm ein Hinweis auf Etablierung im Postgebiet Holzwickede mit Posthilfsstellen in Hohenleuchte, Opherdicke, Hengsen und sog. Altes Dorf. Nur beim letztgenannten Beispiel kann die Gaststätte Gravert als Sitz gesichert werden, die anderen Hinweise sind bis dato nicht örtlich sicher lokalisierbar oder dokumentiert. Nach nicht gesicherter Information wäre auch noch die Bergbau – Kolonie mit einer Posthilfsstelle anzuführen. Eigene Poststempel hatten diese Hilfsstellen übrigens nicht.
Zum Jahr 1887 stand erneut ein Umzug der Post in Holzwickede an
Vielleicht lief der Pachtvertrag mit dem Landwirt Hiddemann nach 20 Jahren aus und das neue Angebot lag südlich der Bahngleise nun vom Rittergutsbesitzer Ebbinghaus vom Haus Dudenroth vor, der ein ansprechendes Gebäude in der Allee zeitlich passend errichtet hatte und hier die Pfeilmarkierung zum Bild vor ca. 110 Jahren. Wenn auch nicht gelaufen und ohne Poststempel kann die Karte zeitlich recht gut eingeordnet werden. Das große Gebäude rechts vorne der Gärtnerei Nagel wurde im Jahr 1912 errichtet und der Rathausbau von 1915 ist noch nicht erfolgt und wäre zwischen Postgebäude und evangelischer Kirche im Hintergrund zu erwarten.

Eine nähere Beschreibung dieser Gebäude und ihrer erheblich wechselhaften Entwicklung ist an dieser Stelle ausführlich nicht geplant. Zumindest der Hinweis, dass 3 dieser Gebäude nicht mehr in alter Form existieren und nur einige Stichworte dazu. Gebäude links vorne Altbau von Robert Hohagen wurde nach Luftangriff 1945 und Zerstörung später Neubau der Sparkasse und heute Geschäftshaus mit Handarbeitsgeschäft nach zahlreichen wechselnden Geschäften bis auf Foto Pflug. Die kleinen Zwischengebäude waren Obstladen und Schmiede. Das prächtige Wohnhaus vor der Post wurde erbaut von der Zeche Caroline und war 1919 Wohnung von Vincenz Wiederholt später hier folgend Vollmann, Wimbert, Dr. Grüger und nach Abriss Dres. Petschulat und Westermann nun im Neubau. Rechts vorne Geschäftshaus Nagel aus dem Jahr 1912, dann hier später die Kronendrogerie Vollmann folgend Zahnarzt Dr. Sauer, Lebensmittel Bönkost, Moden Viebahn, Dental Kühne und aktuell Reinigungsgeschäft.
Aber zurück zum Postgebäude, das der Straße den dauerhaften Namen Poststraße vererbte, obwohl die Post im Jahr 1896 auszog und wieder zurück über die Bahngleise in den Norden zog (dazu später mehr). Aus dem dritten Poststandort nachfolgend eine interessante Geschäftspostkarte der Gewerkschaft Caroline in Holzwickede an die Firma der Gebrüder Eickhoff in Meschede mit Datum vom 15. Februar 1890 (vermutlich zugehörig schon damals der aktuell bekannten Eickhoff Gruppe - Gebr. Eickhoff Maschinenfabrik und Eisengießerei GmbH ein Unternehmen in Bochum im Bereich des Maschinenbaus und spez. auch der Bergbautechnik). Die Postkarte wurde auch bereits im Menüpunkt Holzwickede – Zeche Caroline einmal vorgestellt.

Im Text bedauert die Caroline die gewünschte Auslieferung der Kohle in der Qualität Nuss II nicht liefern zu können, da ausverkauft! Eine recht positive Aussage für die Zeche, die auch schlechtere Zeiten durchstehen musste in der Zeit von 1875 bis 1880 mit Feierschichten und vorübergehender reduzierter Belegung in ihrer Arbeiter – Kolonie. Ein spontaner Streikversuch im Jahr 1889 blieb aber erfolglos zur Verbesserung der Bergarbeitersituation.
Das Jahr 1891 ist beachtenswert mit Einführung der mitteleuropäischen Zeit. Bis dahin gab es in Deutschland 10 verschiedene Zeitenzonen! 24 Stundenbezeichnung dann erst aber ab dem Jahr 1926 bis dahin vm und nm oder in den Poststempel V u. N für vormittags und nachmittags.
Eine weitere Postkarte möchte ich noch aus dem Jahr 1893 mit dem Poststempel in Einkreisform vom 15. 6. 93 und Stundenanzeige 3 ½ N (nachmittags). Es betrifft eine kurze Bestellung sozusagen von Rittergut zu Rittergut. Der Verwalter Herr Lückmann vom ehemaligen Rittergut Opherdicke bei Holzwickede sendet eine Bestellung an die Rittergutsverwaltung in Grevenburg (Kreis Höxter) über 8 Pfund Nieheimer Käse gegen Nachnahme. Bei üblicher Laibform à 32g immerhin 125 Stück. Der betreffende Sauermilchkäse wird im spez. Reifungsprozess hergestellt und hatte wohl seine Liebhaber.

Immer wieder erstaunlich die kurzen Adressdaten und dennoch sicheren Zustellungen. Nachfolgend die kurz gehaltene Bestellung von Herrn Lückmann und seine Absenderangabe Haus Opherdicke bei Holzwickede.

Im Jahr 1895 wechselt die zuständige OPD (Oberpostdirektion) von Arnsberg nach Dortmund
Fortsetzung folgt