Holzwickede – Post

8. Fortsetzung

02.02.2024

Im Jahr 1896 stand erneut ein Umzug der Post in Holzwickede an. Ein Grund dafür ist mir nicht bekannt, aber der Name Poststraße von 1887 blieb bis dato an alter Stelle erhalten und ist  eine kleine Erinnerung an diese vorherige 10jährige Phase des Postamtes an der Ecke zur Allee. Vollständigkeitshalber noch einige Hinweise auf dieses Postgebäude in seiner weiteren Nutzung. Es zog langjährig der Metzger  Hermann Urpialek ein und das Fachgeschäft hatte wohl noch einige Nachfolger mit Amberg, Schäfer und sogar Albert Rieke  noch um das Jahr 1955 mit Zweitgeschäft. Selbst die Polizei war einmal hier vertreten, dann Übernahme der Gemeindeverwaltung und schließlich Abbruch für den  Neubau des Rathauses.

Der  Umzug und damit neuer 4. Standort der Post in Holzwickede sollte immerhin 49 Jahre  beständig bleiben. Der Landwirt Ludwig Büddemann und Schwiegersohn von Friedrich Stehfen  baute auf der Königstraße (damals nach dem Zechendirektor König der Caroline benannt und heute passend als Stehfenstraße)  im Jahr 1896 ein ansehnliches Gebäude, das an die Post vermietet wurde. Dazu ein Ensemble mit Blick über den Bahnhof Richtung Königstraße und dort im Hintergrund das linke Gebäude wurde bis zum Jahr 1945 Poststelle für Holzwickede. Zerstörung beim Luftangriff der Alliierten am 23.3.1945.

 

links Ansicht 1916 und rechts Detail aus Lithografie  ca. im Jahr 1905

Im Postgebäude wurde ein Briefpostschalter und ein Paketschalter eingerichtet und dahinter war der Sortier- und Stempelraum. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde auch noch die eingehende einfache Post abgestempelt!  Dann nur noch beibehalten bei Sonderversendungen z.B. wie Einschreiben und zuletzt Wertbrief, aktuell wird praktisch alles gescannt und durch 2D – Matrixcode ist sogar jede Briefmarke individualisiert und definiert und die Stempel der Briefzentren  verraten leider nicht mehr das eigentliche Ortspostamt der Briefaufgabe.

Zum Zeitpunkt des Umzuges in die Königstraße 1896 wurde die Post in Holzwickede neu strukturiert und die folgende  Stempelvorstellung ist dazu hilfreich und bedarf der Interpretation. Dabei sind die abgebildeten Stempeldaten nur beispielhaft für die Veränderung  der Stempelausführung und -form im Jahr 1896 zu sehen.

 

Im Jahr 1896 wurde mit dem Umzug in die Königstraße die Stempelform vom Einkreisstempel  mit der neuen nun üblichen Form ersetzt in Form des Zweikreisgitterstempels, aber den erhielt zeitgleich auch die zusätzlich neu eingerichtete selbstständige  Postagentur  in Opherdicke!

Die eigenständige Poststelle Opherdicke wurde im Haus Becker am 18. April 1896 etabliert, das damit gleich einen passenden  Namen erhielt mit  Gasthof zur Post.

 

Auf der obigen Fotoansichtskarte ca. im Jahr 1910 ist rechts auf der Dorfstraße das Haus Becker im Vordergrund  noch  mit  seitlichem  Deelentor  zum  Kuhweg hin.  Im Hintergrund die Stephanuskirche und davor das erste Fachwerkhaus ist das ehemalige Küsterhaus und damit auch Sitz der 1. katholischen Schule von 1854. Am Bildrand links noch dahinter die neue Schule als Marienschule von 1872 bis 1928 als katholische Schule.

Folgend Gasthof zur Post mit  neuer  Postagentur und  Postamtsschild und Briefkasten

Vielleicht steht Herr Becker selbst vor der Tür mit evtl. seinem rot bemützten Töchterchen und auch eine Bäckerei gehörte  zur Geschäftsabrundung dazu.

 

Wilhelm Becker war Agenturleiter und zuständig für die Post in Opherdicke, Hengsen, Kellerkopf und Lappenhausen an der Ruhr. Für die Post in Holzwickede nachdem auch Asseln und Wickede ein gemeinsam selbständiges  Postamt erhielten sicherlich eine deutliche Entlastung bei mittlerweile ca. 5000 Einwohnern. Die Post Opherdicke wurde über die Postexpedition  in Holzwickede weitergeleitet.

Ein Nachweis beider Poststellen  gelingt auf folgender Postzustellungsurkunde aus dem Jahr 1905 vom Gerichtsvollzieher SPRÖDE aus Unna  an die Witwe Frau Julia geb. Hemke des Maurers Carl Hoffmann  zu Opherdicke bei Holzwickede

 

Die Rückseite zeigt den Eingangsstempel Holzwickede am 9. 6.1905 mit 4-5Uhr nachmittags und die Zustellungsbestätigung mit Poststempel Opherdicke am nachfolgenden Tag den 10.6.1905 und 8-9Uhr vormittags. Wenn auch das Dokument in etwas ramponierter Form vorliegt, so ist der Postbeleg sicherlich eine Ausnahmeerscheinung für die heimatliche Postgeschichte. Beides also sog. Zweikreis- Gitter- Stempel.

 

Bis zum Jahr 1922 war Opherdicke  zunächst selbstständige Poststelle und der weitere Verlauf wird chronologisch in die weitere Postgeschichte von Holzwickede eingeschoben.

Aber zunächst also wieder zurück  zur Post in Holzwickede.

Mein frühester Beleg aus dem umgezogenen Postamt  mit dem neuen Zweikreisgitterstempel datiert vom 28.3.1898 Uhrzeit 2-3N (nachmittags) und ist zudem ein Kartenbrief. Kartenbriefe waren dreiteiliges  klappbares Briefpapier mit eingedrucktem Postwertzeichen  und in diesem Fall mit Postwertzeichen Reichspost zu 10 Pfennigen. Ankunftsstempel Marburg 29.3.1898 Uhrzeit 3-4V (vormittags) d.h. von Postamt zu Postamt  in 12 Stunden vor 125 Jahren!

 

Die aufgeklappten Bilder belegen Vor- und Innenseite in verkleinerter Form und der Farbunterschied der Innenseite im Grauton  liegt im Original so vor. Als Absender fungiert O. Friesenberg, der an seine Schwester in Marburg schreibt. Im Adressbuch von 1901  findet sich ein Otto Friesenberg  in Holzwickede am Landweg 12 mit der Berufsbezeichnung  Schlepper. Diese Berufsbezeichnung war zur damaligen Zeit im Bergbau im Stollenabbau üblich und Otto Friesenberg war damit vermutlich  ein Zechenarbeiter auf der Caroline.

Folgend ein weiterer früher Zweikreisgitterstempel Holzwickede als Ankunftsstempel  zum Ende des 19. Jahrhunderts mit Datum vom 9.5.1899. Die Lithografie  ist ein Gruß aus Hanau mit dortigem Poststempel 8.5.99  gerichtet an Fräulein  Melle Jaques – Lehrerin in Holzwickede b. Unna Westfalen

 

Zu Fräulein  Melle Jaques eine kurze Anmerkung. Eigentlich  Emilie war sie die Tochter (geb. 8.7.1887) von Gastwirt Friedrich Jaques und wohnte in  Rausingen 24 (später Rausinger Straße 85)  und war seit 1898 als  Lehrerin an der 1890 neu  gegründeten Nordschule tätig bis zum Jahr 1906 und in diesem Jahr ihrer Hochzeit tritt sie aus dem Schuldienst aus.

Anmerkung: Bis zum Jahr 1863 waren die Häuser in Holzwickede „jedem bekannt“ mit ihren Bewohnern und ihren Namen. Eine Nummerierung erfolgte erst 1863, aber relativ willkürlich, teils nach ihrem Alter, Lage  und Bedeutung. Straßenschilder folgten  danach  zwar relativ rasch,  aber die Hausnummerierung nach der Straßentopografie erfolgte erst  zu Beginn des 20. Jahrhunderts um 1903/05 (Opherdicke, Hengsen etwas später)! Am obigen Beispiel zu Fräulein Jaques bedeutet die Angabe Rausingen 24 die anfängliche Nummerierung nach 1863 und dies wurde dann Anfang des 20. Jahrhunderts die Rausingerstraße 85. Fräulein Emilie Jaques ist also nicht umgezogen!

Fortsetzung folgt