Holzwickede – Post

5. Fortsetzung

14.01.2024

Noch aus dem Eröffnungsjahr 1861 kann ein Briefbeleg vorgestellt werden Der Bergtechniker Heinrich Kirb (o. Kerb) auf Grube Caroline  am Brauck bei Holzwickede  schrieb am 1.12.1861 an  die Dame seines  Herzens  Fräulein Lina Naderhoff in Bochum.

Zweizeiliger Kastenstempel Holzwickede war damals in dieser Stempelform wie üblich ohne Jahreszahl aber Tag und Monat. Im obigen Beispiel in der unteren Zeile  dann mit 1.12. und Uhrzeit 5-6.

 

Der obige Brief mit 2 Seiten Text ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert

 

Auffällig ist schon die „schöne Schrift“, aber der Schreiber bezeichnet sich als Bergtechniker und selbst als ZEICHNER, der übrigens evtl. einen Arbeitsplatzwechsel nach Aden  ins Auge fasst. Es ist durchaus ein Liebesbrief an das auserwählte Fräulein in Bochum, das er gerne  am  Donnerstag  morgens  auf  dem Bahnhof  Barop in Empfang nehmen möchte (siehe vollständige Transkription).

 

Interessant ist mit diesem Datum 1.12.1861 die bis dato früheste Dokumentation des Kastenstempels der Poststelle Holzwickede, denn  erst am 10.6.1861 war eine Postexpedition II. Klasse der Oberpostdirektion Arnsberg eröffnet worden in der kleinen Bahnhofsbaracke Holzwickede. Denn erst 5 Jahre nach Eröffnung der Zugstrecke von 1855 wurde Holzwickede Haltepunkt im Jahr 1860 für die Linie Dortmund – Soest („wichtig für Kartoffeln gegen Kohle“).

Auf  einem Post Insinuations-Document  (heute Post – Zustellungsurkunde) aus dem Januar 1862 kann nicht nur am 31. Januar  der zweizeilige  Kastenstempel Holzwickede mit einem weiteren frühen Datum vorgestellt werden,  sondern der zuständige Landbriefträger Funke bestätigt mit seiner Unterschrift die Aushändigung. Ein Landbriefträger zu damaliger Zeit (in Preußen seit 1824) hatte etliche Strapazen zu bewältigen: Eis und Schnee, weite Fußwege und obendrein noch schwere Pakete.Im Jahr 1884 übrigens auch für Holzwickede gültiges neues Dekret der zuständigen Kaiserlichen Oberpostdirektion Arnsberg bezüglich Landbriefträger mit umfangreicher Aufgabendefinition und Möglichkeiten! Der Landbriefträger war auch annahmeberechtigt für Einschreiben, Nachnahmesendungen und sogar Wertbriefe. Äußerst wichtig war  ebenso die Pflicht und Aufgabe zur Rentenauszahlung (Roter Rentenpass deren Nummerierung genutzt wurde zur Auszahlung an verschiedenen  Tagen gemäß  einer bestimmten und festgelegten Nummernauswahl). Der Postbote war  dadurch vielfach auch in der Wohnung tätig (!) und wurde zur Vertrauensperson.  Häufig war der Briefträger  ebenso Übermittler ihm schon bekannter guter aber auch schlechter Nachrichten. (aktuell wechselt bei mir mit nur noch bei dreimaliger  Zustellung in der Woche durchaus 2x der zuständige Postbote und quetscht anonym seine Last in den Briefkasten).

 

Das Königliche Ober=Berg=Amt in Dortmund   übermittelte   eine Vorladung an Frau Rosalie Springorum  verehelichte mit dem Gutsbesitzer Carl Natorp  in Sachen Gotthilf, Diana und Lodrington  Erbstollen. Die Aushändigung der Vorladung wurde vom vereideten Postboten Funke (damit wohl erster Landbriefträger Holzwickede) durch persönliches Antreffen nach Unterschrift mit R. Natorp  geb. Springorum bestätigt und die Bestätigung wurde dann an das Bergamt in Dortmund retourniert. Die  Familie Springorum in Dortmund ist ehrenvoll aus der frühen Industriegeschichte bekannt s.a. Springorum-Weg.

Erwähnenswert an dieser Stelle ist, dass bereits sehr früh Bahnpostwagen eingerichtet wurden. Zur schnellen Streckenbewältigung  war die Post sofort mit der Eisenbahn  liiert und auch Bahnpostwagen wurden rasch entwickelt und eingekoppelt, zumal die preußische Regierung die Postbeförderung per Bahn schon  ab dem Jahr 1838 kostenfrei gestellt hatte! Diese Wagen hatten Briefkastenschlitze und  so war auch ein direkter Einwurf der Post auf dem Bahnhof möglich. Die Abgangs-Abfertigung erfolgte anfangs teils in  handschriftlicher  Form und dann schon frühzeitig mit Bahnpoststempeln zur Streckenführung zunächst in 3zeiliger Form. Dazu beispielhaft ein früher seltener  Beleg aus Holzwickede und hier Düsseldorf-Holzminden.

 

Preußen führte im Jahr 1850 eigene Briefmarken ein, die im Jahr 1868 durch die Bildung des Norddeutschen Postbezirks  abgelöst wurden in Verbindung  mit Braunschweig, Bremen,  Hamburg, Lübeck, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, und Preußen (das zuvor schon Hannover, Schleswig- Hollstein und Thurn und Taxis postalisch integriert hatte). Gemeinschaftliche Währung 1Thaler=30 Silbergroschen.

Briefbelege in Holzwickede mit preußischen Briefmarken waren also nur von 1861 bis 1867 möglich und sind sicherlich nur gelegentlich als seltener Glücksfall zu finden.

 

der  obige Briefbeleg mit  ramponierten Preußenmarken ist dennoch ein solcher Glücksfall

Mit der Fertigstellung der zweiten Bahnstrecke über Holzwickede im Jahr 1867 wurde Holzwickede  ein wichtiger Knotenpunkt der Eisenbahn  mit Umsteigemöglichkeiten für Personen aber auch Umladung von  Frachtstücken. Es entwickelte sich eine äußerst dynamische zunehmende Erweiterung  des Bahnhofgeländes  mit Rangiergleisen und sogar  Umladehallen. Dies hatte bereits dann 1867 wesentliche Bedeutung für die Post in der bisherigen „Bahnwärterbude“. Das Bahnhofsgebäude wurde erweitert und die Post wurde „ausrangiert“.

Der Landwirt Hiddemann (Ortsvorsteher 1859 bis 1881 Holzwickede) aus dem Alten Dorf investierte in einen Neubau (ab 1865) Ecke Rausinger- und Nordstraße und hier zog die Postexpedition Holzwickede 1866 für die nächsten 20 Jahre ein. Dann stand ein erneuter Umzug an (dazu später mehr). Aber die alte Poststelle wurde nach 20 Jahren an den Gastwirt Fritz Linhoff vermutlich verpachtet und dazu ist nun eine Abbildung möglich. In Erinnerung an die vorherige Nutzung nannte freundlicherweise Linhoff  seine Lokalität Gasthof zur Post.

 

Nachfolgend eine spätere Ansicht. Ohne Poststempel kann das Bild  zwischen 1908 und 1912 eingeordnet werden, denn es firmiert noch der Gasthof zur Post noch unter F. Linhoff, die Strommasten waren erst ab 1908  mit der Elektrifizierung von Holzwickede passend und 1912 wurde an  den Gastwirt Wilhelm Schopp verkauft, der den Namen Gasthof zur Post beibehielt.

 

Folgend eine Fotoansichtskarte sicherlich früh nach dem Verkauf und  Übernahme von Wilhelm Schopp, denn Rausinger- und Nordstraße sind noch  nicht gepflastert. Rechts der Anbau mit Zechenkonsum und  daneben das Tor zur Gartenwirtschaft mit Kegelbahn.

 

Vor dem Gasthof auf der Straße vermutlich nach Lupenbetrachtung ein Postbeamter mit Postkarren. Vielleicht kam der Postbeamte gerade vom Bahnhof, um die eingehende Post am Bahnpostwagen abzuholen oder abzuliefern. Auf die enge anfängliche Verknüpfung von Bahn und Post hatte ich schon verwiesen. Da der Bahnsteigzugang früher abgetrennt war (Stichwort Bahnsteigsperre) mit der Notwendigkeit einer Fahrkarte oder einer extra zu ziehenden  Bahnsteigkarte (z.B. um die anreisende schwer bepackte Großmutter abzuholen), gab es für die Post ein eigenes Zauntor und dazu folgende Ansicht.

 

Fortsetzung folgt