Holzwickede – Post
11. Fortsetzung
24.02.2024
Das folgende Bildensemble belegt rechts unten den Landbriefträger Grundmeier im Jahr 1909 auf der Nordstraße in Höhe Haus Rommel. Mit Pferdewagen nun schon eine deutliche Erleichterung der Post- spez. Paketzustellung und auf dem Kutschbock wohl eine Kollegin vielleicht begleitet von ihrem Filius. Die Postbeamten waren damals einheitlich uniformiert.
Zur Lage Haus Rommel ein Blick links oben in die heutzutage stark befahrenen Nordstraße und damals ca. 1914 ein einsamer Fußgänger (war - nach persönlicher Aussage - Bahnbeamter Beisler mit Kind auf dem Arm, Fahrdienstleiter - "der Mann mit der roten Mütze") nun auf gepflasterter Straße. Standort der Aufnahme in Höhe Kronprinzenstraße heute Mozartstraße und rechts das Haus mit dem Metzgerei Grompe (später die Metzger Fattinger, Lausmann und heute Dönergrill). Dahinter kamen die Häuser Textilgeschäft Wegener (später Kältetechnik Reissner, aktuell baut hier nach Abriss Dirk Eitzert ein großes Mehrfamilienhaus), dann das Haus Risken – Beisler und dahinter Richtung Norden das Haus Rinsche – Rommel. Die Vorstellung der weiteren Häuser bis zur Friedrichstraße und der Häuser zur linken Seite und ihrer Entwicklung wäre reizvoll, aber ausführlich doch zu umfangreich.
Wir nähern uns dem schicksalhaften Jahr 1914 mit Beginn des 1.Weltkrieges
An dieser Stelle die Eskalation zum Ausbruch des 1. Weltkrieges vorzustellen und in die alleinige Schuldfrage Deutschlands einzusteigen, ist nicht beabsichtigt. Fakt und Status waren ein allseits hohes aufgebautes Militärpotential und propagandistisch geschürte Vorurteile in England, Frankreich, Deutschland und Russland mit „Erbfeinden hinter den Landesgrenzen“ und es genügte wohl ein Funke, um die Situation im Jahr 1914 zu entladen. Im offenen Automobil wird am 28.Juni 1914 der österreichisch - ungarische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo von extremen Nationalisten aus der serbisch - bosnischem Untergrundbewegung erschossen. Dazu folgend eine Bildillustration (Wikipedia). Ebenso erlag seine begleitende Ehefrau Herzogin Sophie den zugefügten Schussverletzungen.
Der 1. Weltkrieg 1914 bis 1918 war ausgehend von diesem Ereignis nicht mehr aufzuhalten, die Mobilmachung erfolgte mit Kriegserklärung am 1.August 1914 Deutschlands an Russland, 3 Tage zuvor hatte die habsburgische Monarchie schon dem serbischen Königreich den Kriegsfall erklärt und kaskadenförmig schlitterten die europäischen Mächte in das folgende Kriegsdesaster. Deutschland griff Frankreich über Belgien an, missachtete dessen Neutralität und zwang damit England konsequenterweise mit in diesen Krieg. Von den vielen existierenden verherrlichenden und zeitgenössischen Ansichtskarten dazu folgend ein besonders extremes Beispiel der martialischen Einstellung zum kommenden 1. Weltkrieg. (kurz zur Erläuterung: mit dem FLAMBERG ist das ehemals beidhändig geführte Schwert der Landsknechte gemeint im Text von Theodor Körner) und Wilhelm II. mit Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie mit den Vätern. Dieser anmaßende und unerfüllbare Wunsch wurde in allen Feldgottesdiensten und auf allen Seiten von den Kriegsparteien hoffärtig gepredigt.
Aus der Zeit des 1. Weltkrieges existieren viele Fotopostkarten mit dem Bezug zu Holzwickede, denn in den Mobilisierungsplänen von 1914 war Holzwickede als Verpflegungs- und Umschlagbahnhof der Militärtransporte fest eingeplant.
Der Schreiber obiger Karte (Schrift nachgezeichnet, da dtl. verblasst) hatte wohl die Aufgabe die Militärverpflegungsstationen zu prüfen und lobt mit Datum vom 12. August Holzwickede in höchsten Tönen im Vergleich zum desolaten Zustand in Hamm (Westf.). Die eskalierende politische Lage brachte die zivile Eisenbahnverwaltung schon ab 27. Juli 1914 vollständig unter die Oberste Heeresleitung. Mit der allgemeinen Mobilmachung am 1.August wurde jeglicher Zivilverkehr auf den Bahnstrecken unterbrochen und erst nach Tagen und Wochen wieder eingeschränkt aufgenommen. Im Jahr 2014 habe ich dazu einmal eine kleine 30seitige Schrift erstellt zum Thema Holzwickede und der 1. Weltkrieg.
Teilweise über 3.000 Soldaten hatten nun in Holzwickede täglich (!) Rast, Verpflegung und gegebenenfalls Umstieg in der reichsweiten Mobilmachung und in der fortlaufenden Eskalation zu den verschiedenen Kriegsschauplätzen. Ohne wesentliches Straßennetz oder Automobile unterlag die Kriegslogistik konsequent der Eisenbahn. Nebenbei bemerkt dokumentiert die Fotoansichtskarte die Bauweise der Bahnwagen „Marke Holzklasse“, die ich noch aus meiner Kindheit gut kenne.
Einzelabteile mit gegenüberliegenden Holzbänken, unter den Abteilen keine Querverbindung. Die Fenster konnte man nach unten schieben und darunter das Emailleschild, Herauslehnen verboten, dessen Sinn sich nach Kurvenfahrt und Funkenflug von der Dampflokomotive in den Augen offenbarte. Jedes Abteil mit eigener Tür zum Perron (Bahnsteig) und Zugang mittels Trittbrett s. Teil der obigen Soldaten stehen auf dem Trittbrett vor dem Abteil. In den Not- und Nachkriegszeiten des 1. und 2. Weltkrieges teils verhängnisvoll zur Fahrt genutzt!
Aus einem Repertoire von ca. 50 Feldpostkarten mit Fotoansichten von Holzwickede auf der Durchfahrt (in der Regel Karten mit Bild vom Bahnhof) einmal nachfolgend 3 Beispiele. Die Soldaten schrieben an Ihre Angehörigen und Freunde*innen und berichten von ihrer „Abspeisung“ in Holzwickede, aber immer wieder „schönen Erbsensuppe“ und von der Weiterfahrt zur Front nach Frankreich bis hin zu den Karpaten und Russland.
Damit das alles seinen geregelten Verlauf hatte, sorgte das Rote Kreuz für die Verpflegung und ein Wachbataillon für die nötige Ordnung.
Fortsetzung folgt