Holzwickede Gewerbe
Fa. Wiederholt 8. Fortsetzung
28.08.2024
Auch wenn der Export ein Schwerpunkt für Vincenz Wiederholt war, so wurde natürlich auch im Inland geworben und dazu ein Beispiel aus dem Jahr 1937 und mit den Hinweisen auf Deutsche Reichspatente. Die Breite des Fabrikationsangebotes an Rohrproduktem war erstaunlich und ist lesenswert.

Die kaufmännische Abteilung wurde ausgebaut und ein Vertriebsnetz mit Vertretern im In- und Ausland eingerichtet.
Im Jahr 1937 kann auch im Adressbuch von 1938 der neue Wohnsitz der Familie Wiederholt in Dortmund am Westfalendamm 74 festgehalten werden. Sicherlich „standesgemäß“ errichtet, erlebt er doch im Luftschutzkeller im Bombenhagel der alliierten Luftverbände die Zerstörung seines Hauses. Die Familie überlebt und zieht auf das Fabrikgelände in Rausingen (heute Gästehaus der VW-Werke Wiederholt) und dies verblieb auch der letzte Wohnsitz für Erna und Vincenz Wiederholt.
Am 5.7.1937 gab der Musikzug der Leibstandarte Adolf Hitler ein Konzert für die Belegschaft des VW-Werkes unter der Leitung von Obermusikmeister Müller – John. Auch der Werkschor trat in Begleitung des Musikzuges mit einigen Liedern auf und dies im Rahmen auch als Rundfunkübertragung. Der Kreisobmann der DAF (Deutsche Arbeitsfront) Walter Reichenberg schloss die Veranstaltung mit herzlichen Worten (aus dem Hellweger Anzeiger 7.7.1937).
Bild aus dem Buch von Herbert Wilhelmy aus der Reihe Archivbilder HOLZWICKEDE im Sutton Verlag GmbH Erfurt im Jahr 2005.

Praktisch zeitgleich berichtet der Hellweger Anzeiger 2 Tage später von einer „sportlichen Spende“ von Vincenz Wiederholt für das Schwimmbad „schöne Flöte“ in Holzwickede. Die Werksarbeiter hatten eine 5,2m hohe Rutsche (Klettertreppe und Rutsche im rechten Winkel zueinander) gebaut. Dazu eine schöne Fotoansichtskarte aus dem Verlag Willi Hölterhoff, Hagen

Aus dem Cekade Verlag noch eine Ansicht auf die 11m lange Rutschfläche mit lebhaftem Zuspruch der jungen Badegäste. Nach ersten Überlegungen in der Ratsvertretung im Jahr 1928 für ein Freibad erfolgte übrigens der Bau ab 1932 mit der Einweihung im August 1934 und dies mit üblichem NS – Spektakel.

Das Jahr 1937 gestattete also mit den geklärten Eigentumsverhältnissen für Vincenz Wiederholt und die Belegschaft einen überaus positiven Rückblick.
Im Jahr 1938 wird auf dem Werksgelände ein Kameradschaftshaus errichtet mit Wasch- und Umkleideräumen und für Veranstaltungen wird ein großer Gesellschaftsraum geschaffen.

Das Exportgeschäft blieb weiterhin die Domäne des Werkes und dazu ein Luftpost-Geschäftsbrief per Zeppelin (2Rpf überfrankiert) nach Santiago de Chile 26.4.1939.

Das Jahr 1939 wurde im September zum Beginn des 2. Weltkrieges mit geschätzten 50 Millionen Toten auf allen Seiten der betroffenen Länder und erreichte eine bis dahin nicht bekannte Dimension der Vernichtung und Zerstörung und mit dem leidvollen Holocaust eine unsägliche Apokalypse. Es kann hier nicht eine Abhandlung folgen zu Adolf Hitler für den der 1. Weltkrieg nie beendet war und seiner wahnsinnigen Kriegsinszenierung, es gibt dazu eine unübersehbare Literatur zur näheren Information (s. aber auch Menüpunkt Zeche Caroline).

Zu diesem Zeitpunkt war die Belegschaft der Vincenz Wiederholt auf ca. 450 angestiegen und mit der Neugründung erst im Jahr 1919 und ca. 250 Wehrdienstpflichtigen zum Kriegsdienst eingezogenen Männern wurde die weitere Werksproduktion schwierig.
Geschäftsbrief 2.6.1942 in die neutrale Schweiz
(rückseitig Zensurstreifen und Stempel OKW-Oberkomando der Wehrmacht)

Der Export brach ein bis auf neutrale und befreundete Achsenmächte und wie schon aus dem 1. Weltkrieg erlebt, wurden Frauen als teilweiser Ersatz in die Werksproduktion einbezogen.
Dennoch waren weitere Arbeitskräfte in Holzwickede z.B. in der Landwirtschaft, Bahn, Zeche und auch in der Metallindustrie wie bei den Firmen Wiederholt und Künstler notwendig, die über das Arbeitsamt angefordert wurden. Dazu gab es anfangs tatsächlich reguläre Ausschreibungen und Angebote z.B. in Dänemark, den Niederlanden und Frankreich. Französische Arbeiter waren für Vincenz Wiederholt entsprechend seiner Sprachkenntnis bevorzugt und müssen in 3 Gruppen unterschieden werden. Da waren einmal die französischen Kriegsgefangenen, die sich nicht in allen Fällen in den angebotenen und besser gestellten Status der Zivilarbeiter (!) begaben, die ihrerseits die Gruppe der Zwangsverpflichteten des SERVICE DU TRAVAIL OBLIGATOIRE (STO) bildeten und den privilegierten Dienstverpflichteten der JEUNESSE OUVIIERE FRANCAIS TRAVAILLANTE EN ALLEMAGNE (JOFTA) gegenüber standen. Die JOFTA - Angehörigen waren der kollaborierenden VICHY – Regierung zuzuordnen. Schätzungsweise ca. 180 französische Arbeiter wurden in einer Baracke auf dem Werksgelände (wohl im Osttorbereich) in Rausingen untergebracht. Ihre Anzahl reichte aber nicht aus und so wurde die Rekrutierung von Zwangsarbeitern aus dem Osten mit dem Unternehmen Barbarossa und dem Überfall auf die Sowjetunion vom 22. Juni 1941 möglich.

Fortsetzung folgt