Holzwickede Gewerbe

Fa. Wiederholt 3. Fortsetzung 

27.07.2024

Vincenz Wiederholt nahm eine Wohnung in  Altena und fand Gefallen am Sauerland und die schöne Umgebungsnatur und wie er schreibt  an einem  deutschen Mädchen mit den blauen Augen und dem blonden Haar aus Hohenlimburg (er hatte also schon 1917 ein persönliches Frauenbild, das später auch  die Nationalsozialisten zum Frauenideal erhoben, wozu er nun wirklich nichts konnte). Erna Möller - seine Auserwählte -  war Tochter  des erfolgreichen Bauunternehmers Gustav Möller  mit dem Wohnsitz „Villa Sonnenschein“  (rechtes imposantes Gebäude am Mühlenteich) in Hohenlimburg.

 

Lithografie Heimatverein Hohenlimburg

Sein Schwiegervater war und wurde ebenso Vorbild wie sein Vater in Nörten und Gustav Möller  verpachtete zunächst das von ihm im Jahr 1911  erworbene Gelände der stillgelegten Zeche Freiberg in  Sölde  und eine Fabrik mit  dem Ziel der Stahlrohrproduktion wurde  von Vincenz Wiederholt zusammen mit  dem Teilhaber  und Ingenieur Hugo  Mayweg  im Jahr 1919  gegründet und in diesen Jahr 1919 wurden Erna und Vincenz Wiederholt auch  Eltern der Tochter Helga.

 

Oben ein Blick auf Rausingen und die Zeche Freiberg auf einer Ansichtskarte aus dem Verlag Julius Hinnerwisch, Holzwickede  und  geschrieben  am 25.2.1906. Die  Perspektive ist quasi ungefähr „von Bergehalde zu Bergehalde“  von der Zeche Caroline zur Zeche Freiberg in  Sölde  zugehörig noch damals dem Kreis Hörde. Dazu noch ein Ausschnitt aus einer Lithografie mit Poststempel Sölde 4.11.13.

 

hier einmal  Lageübersicht  zur Zeche Freiberg  (Mayweg-Wiederholt) links

und  Zeche Caroline und Bahn

 

Vincenz Wiederholt sah durchaus eine Möglichkeit in den teils verfallenen Hallen zu starten und zunächst wurden defekte Heereskraftfahrzeuge ersteigert und in der alten Zechenremise unter dem sachkundigen Auge vom Ingenieur Hugo Mayweg repariert und mit Gewinn verkauft. Der Ingenieur Hugo Mayweg  war Leiter einer Heeres-Reparaturwerkstatt gewesen und hatte   aus dieser Zeit auch Herrn Schmitz als zukünftigen Werkstattmeister  gleich nach Sölde mitgebracht.

Beispielhaft  deutsche Heeresfahrzeuge auf dem Platz von Sedan im 1.Weltkrieg

 

Auf den Auktionen zu den Heeresdienstfahrzeugen  bezahlte der Kaufmann Vincenz Wiederholt  - eine neue Währung voraussehend - geschickt mit noch gerade  respektierten Kriegsanleihen seiner Frau Erna (war wohl in größerer Summe die Mitgift ihrer Eltern in Hohenlimburg)   und aus dem Autoverkauf konnte er später in Rentenmark zurückzahlen.

Folgend Postkarte nach Entwurf Prof. Fritz Erler, München und Aufforderung

zur Zeichnung  von Kriegsanleihen 1. WK

 

Diese weise Voraussicht hatte  mein  beamteter Großvater nicht, um damit noch Sachwerte zu kaufen und die sicher geglaubten brav gezeichneten Kriegsanleihen wurden wertlos, leider eine Erfahrung die 5 Jahre später in der Zeit der Hochinflation sich noch einmal familiär mit der endgültigen Liquidierung  des gesparten  Geldes wiederholte.

Das Ziel von Mayweg und Wiederholt war aber die Stahlrohrproduktion und ein glücklicher Umstand  verschaffte  den Einstieg  mit mehreren Eisenbahnwagen  Bandeisen aus  Dinslaken im Tauschgeschäft gegen zwei Automobile. Die Firma Thysssen hatte am Standort Dinslaken  ein Bandeisenstahlwerk und es entwickelte sich aus diesem Tauschgeschäft eine jahrzehntelange vertrauensvolle Zusammenarbeit.  Zur Vollständigkeit der Hinweis, das Thyssenwerk ging mit der US Firma Armco 1956 den Verbund  („International Division of Armco Steel Corporation“) ein zu Thyssen-Armco (heute Hamco Dinslaken Bausysteme  GmbH).

 

Francotyp  Stammkarte Thyssen Dinslaken

Zurück ins Werk in Rausingen.

Eine Schlitzrohrwalze  wurde  aufgestellt und die  zunächst 100m langen Rohre wurden über die Schäferkampstraße bis auf die Wiesen von Gut Schulze-Dellwig - Sölde gezogen und zurück! Dann handgesägt auf 4m Länge  fanden die Schlitzrohre u.a. in Holland einen Großabnehmer.

Haus  Sölde  Schulze-Dellwig,  Detail Lithografie ca. 1910

 

Im Jahr 1920 war Vincenz Wiederholt erneut mit kaufmännischem Instinkt erfolgreich. Preiswert eingekaufte Stahlware konnte während der kurzfristigen Geldaufwertung im Rahmen des Kapp-Putsches mit Gewinn verkauft werden und verbilligte den Neukauf von Bandeisen nun auf Goldbasis. Nur knapp 4 Tage dauerte die Konterevolution mit dem politischen Kopf Wolfgang Kapp als „zukünftigem Reichskanzler“ und endete im ausgerufenen Generalstreik der Gewerkschaften. Kapp war preußischer Generallandschaftsdirektor.

 

Wolfgang Kapp

 

Bereits  Ende des Jahres 1920 stieg die Belegschaft im Werk Rausingen  auf 24 Beschäftigte und erste Erweiterungshallen wurden errichtet.  

Auch schon ein erster Betriebsausflug im Jahr 1920 zur Möhnetalsperre  festigte  das Betriebsklima im Stolz auf die junge erfolgreiche Firmenentwicklung. Nachfolgend Mehrfachbilderkarte der Möhnetalsperre aus dem Jahr 1925 und der Ersttags - Sonderbriefumschlag zur Markenausgabe 100 Jahre Möhnetalsperre. Auf die britische Zerstörung der Sperrmauer mittels Rollbombe und Fliegerangriff mit zahlreichen Toten im Ruhrtal vielleicht später einmal  eine kurze Vorstellung..

 

Schon vor dem 1. Weltkrieg im Jahr 1906  stiftete Margarete Krupp die Voraussetzung zur Wohnsiedlung Margaretenhöhe als Institution der Wohnungsfürsorge mit fast 3000 Wohneinheiten und damit natürlich auch bevorzugt für Mitarbeiter in den Krupp-Werken Essen als erste  konzipierte Gartenstadt und mittlerweile unter Denkmalschutz. Die  Idee bewährte  Mitarbeiter durch Werkswohnungen zu halten, geht schon seit 500 Jahren mit der Fugger-Siedlung in Augsburg  weltweit als erste  Sozialsiedlung in die Geschichte ein. Dieser Umstand ist weltweit geblieben und in erheblicher Ausführung durch die Stahlwerke Südwestfalen  auch in meinem Geburtstort Geisweid mit der Wenscht  (https://unser-siegen.com/wenscht)  nach dem 2. Weltkrieg zu beobachten und ist also keine Erfindung  als Volksbeglückung durch die Nationalsozialisten.

Auch für Vincenz Wiederholt  war schon in der frühen Phase der Firmengründung  das Wohnungsproblem der Beschäftigten  ein Anliegen. Bereits im  November  des Jahres 1920  gründet sich der Gemeinnützige Bauverein Holzwickede  und  Vincenz Wiederholt war 25 Jahre Aufsichtsratsvorsitzender (später dazu weitere Anmerkungen zur Wohnungsunterstützung der Wiederholt-Werke sowohl im Gemeinnützigen Bauverein als  auch eigene Wohnungsbauten).

Fortsetzung folgt