Holzwickede Gewerbe

Fa. Wiederholt 4. Fortsetzung 

02.08.2024

Passend zu den Wohnungsunterstützungen folgend Hinweise aus der Abmachung zwischen der Metallwarenfabrik Holzwickede, Mayweg mit Vincenz Wiederholt und Herrn Emil Solmecke mit Datum 2.12.1922. Wiederholt holte  Emil  Solmecke als Betriebsleiter  aus seiner Tätigkeit in Mühlenrahmede ins Werk nach Sölde unter etlichen Vergünstigungen: Neben Festgehalt  eine Tantiemen-Beteiligung, Erstattung der Umzugskosten, eine Wohnung oder Häuschen mit Gartenland bei Übernahme für Miete, Licht und Heizung, Absicherung der Ehefrau  als Witwe  in den genannten Wohnungsverhältnissen bis zu ihrem eigenen Tod. Unterschrift Wiederholt und Solmecke 2. Dezember 1922. Weiter ein  folgender Anstellungsvertrag zur Verlängerung mit Emil Solmecke als Betriebsleiter aus dem Jahr 1935 mit Datum vom 19. Oktober kennzeichnet Vincenz Wiederholt bereits als Alleinbesitzer der Fa. aber noch unter Mayweg & Wiederholt und jetzt auch der Fa. Gartenschmuck (dazu später mehr)  neben Gehaltsangaben,  Pensionsregelungen  verbunden mit einer Ausfallversicherung zu Lasten  der Fa. V. Wiederholt !

 

Im Jahr 1921 war erneut eine neue Doppelhalle zur Werkserweiterung notwendig

 

Zwei Schornsteine der Zeche Freiberg bereits abgebaut, die beiden Bergehalden noch vorhanden. In den linksseitig  errichteten Hallen wurde die Beizerei,  Zieherei,  Glüherei und Rohrwalze eingerichtet bzw. aufgestellt und schon 1922 erneut erweitert und es wurde bereits in 2 Schichten gearbeitet.

Zum Jahr 1922 kann auch der Wohnort der Familie Vincenz Wiederholt mit Ehefrau Erna und Tochter Helga  dokumentiert  werden. Im Adressbuch Holzwickede 1922 steht Wiederholt, Vincenz, Kaufm, Alleestr.3. F W.-Asseln 132 d.h. also bereits  ein Telefon - Privatanschluss mit Vermittlung über Wickede-Asseln. Folgend das Wohnhaus im farbigen Ausschnitt (ca. 1924) in der Alleestrasse in der nördlichen Ecke Allee und Poststraße (heute nach Abriss Ärztehaus Drs. Westermann und Petschulat).

 

Links hinter dem Wohnhaus Alleestrasse 3 die  alte Post (Haus Landwirt Ebbinghaus und Poststelle 1887 bis 1896) und hier schon Nachfolger mit dem Metzger Urpialek, dahinter Turm der evangelischen Kirche

Das Jahr  1923 sollte gravierende Veränderungen mit sich bringen. In  dieser  Zeit wird der Reparationsdruck der Siegermächte des 1. Weltkrieges immer  größer. Die französische Hüttenindustrie forderte  mehr Kohlen aus den Ruhrbergwerken  und im November erfolgte  zur Durchsetzung die Besetzung des Ruhrgebietes  mit 60000 französischen Soldaten.

 

Oben deutsch-französische Grenze 1919 links und Ruhrbesetzung 1923 (© Harenberg) rechts bis zur Folge  einer verhängten Ausgangssperre für die Bevölkerung in den Nachtstunden von 21Uhr bis 5 Uhr morgens. Östlich reichte die Ruhrbesetzung bis einschließlich Aplerbeck  und Holzwickede war nicht mehr direkt tangiert und erlebte dennoch die Auswirkungen mit dem „stillem  Widerstand“  der deutschen Bevölkerung. Die Reichsbahn im besetzten Bereich wird von den Franzosen übernommen und der Bahnhof Holzwickede registriert Rückgang der Zugbewegungen um 60 Prozent. Die Hochinflation setzt ein und es resultiert  eine extrem katastrophale Ernährungs- und Wohnlage der Bevölkerung. Der politische Druck aus den USA und England auf Frankreich führt zum Dawes – Plan und die Franzosen verlassen das Ruhrgebiet  zum Jahr 1925. Es folgt  die Einführung einer neuen Währung mit der sog. Rentenmark.  Eine Strukturkrise im Bergbau  setzt ein und Wiederholt und Mayweg  lavieren dennoch mit zuverlässiger Betriebsgemeinschaft durch die politischen Gegebenheiten und

elektrogeschweißte, dünnwandige und gewalzte Stahlrohre waren das eigentliche Ziel 

 

Die Ausgangsidee war wohl ein Patent von Hugo Mayweg d.h. Schweißung ohne Fremdmaterial durch Pressung der elektrisch erhitzten Schweißränder im Walzprozess.  Es sollte eine  Pionierarbeit auf diesem Sektor werden. Das Patent von Hugo Mayweg brachte nicht den gewünschten Erfolg und langwierige  und teure Versuche über Jahre mit eigenen hergestellten Maschinen wurden schließlich erfolgreich ca. zum Jahr  1922/23. Vincenz Wiederholt als Kaufmann mit internationaler Erfahrung verlegte sich speziell auf den Export bis hin nach Südamerika und von dort kamen dann die ersten Reklamationen aus Argentinien und Brasilien zu den elektroverschweißten Rohren.  Wenn auch nicht aus dem genannten Zeitraum an dieser Stelle doch folgend ein Zeppelin-Luftpost-Einschreibbrief aus Brasilien  aus dem Jahr 1932 mit Abgang über Rio am 16. September und Zuleitung weiter über Friedrichshafen an die M.W.-Werke  Mayweg & Wiederholt nach  Holzwickede bereits nach 5 Tagen am  21. 9. 1932, also  ein weiterer Beleg  des schwerpunktmäßigen weltweiten Exports.    

 

Exportanteil 70-80 % in 48 Länder

Vincenz Wiederholt nahm die Beschwerden zum Anlass die Kunden in Südamerika selbst aufzusuchen  und die 4monatige  Geschäftsreise  führte ihn nach Argentinien, Uruguay, Paraguay und Brasilien und seine Sprachkenntnisse waren erneut von Vorteil. Er wurde  wohlwollend  und erstaunt über sein persönliches Erscheinen empfangen, konnte die Beschwerden verstehen,  versprach Abhilfe und kam sogar mit neuen Aufträgen wieder zurück, um leider die 1. schwere Krise der Firma im Jahr 1925 zu erleben.

Während seiner Abwesenheit war sein vorgegebener finanzieller  Investitionsrahmen nicht nur  von Hugo Mayweg überschritten worden, es waren auch Wechsel unterschrieben worden gesichert durch die Unterschriften  der  M.-W.-Werke und der ausstellenden Bank sondern auch durch eine zusätzlich notwendige Zweitfirma, die aber in diesem Fall nach 6 Monaten in Zahlungsprobleme geriet und die Wechsel wurden sofort fällig. Der Kaufmann Vincenz Wiederholt  hatte nicht nur sofort seine Wechsel  einzulösen sondern für die mitbürgende Firma gleich mit und stand vor einer absolut konkursverdächtigen Situation. Durch geschickte glaubwürdige Verhandlungen seinerseits mit allen Gläubigern  erhielt er Aufschub für 12 Monate. Sparsamkeit war angesagt und die junge Belegschaft von mittlerweile 250 Beschäftigten zog mit an einem Strang  bei 20% (!) Lohnabschlag  für ein Jahr aber vertrauend in die Fähigkeit von Vincenz Wiederholt.  Nur 4 Mitarbeiter kündigten in diesem Zusammenhang. Wiederholt konnte nach einem Jahr sein Versprechen halten, Kredite ausgleichen und den Mitarbeitern ihren Lohnverlust mit Zinsen wieder gutschreiben!  Zusätzlich kam ihm auch noch als vorwiegende Exportfirma ein  gewährter Dollarkredit über 50000  zu Gute, der nach fallenden Kursen  nur  noch mit 20000 Dollar nach 5 Jahren fällig wurde.

Fortsetzung folgt