Holzwickede Gewerbe

Fa. Wiederholt 17. Fortsetzung 

22.11.2024

 

Im Jahr 1993 holt Reinhard Becker  seinen Halbbruder Dr. Walter Eberhard Becker nun aber hauptamtlich in die Geschäftsführung mit der Verhandlungsoption zum Verkauf des Familienunternehmens als Generalbevollmächtigter.

 

In der weiteren krisenhaften Zeit 1993/94  das Werk zu verkaufen, war kein optimaler Zeitpunkt. Die Konkurrenzfirma  Benteler Automobiltechnik Paderborn war nicht interessiert, Fa. Hösch winkte ab und ein englisches Unternehmen riet zu Millioneninvestitionen, bevor ein neuer Kontakt sinnvoll wäre. Eine Verbesserung der Verkaufsoption war erforderlich und bei Liquidation hätte Reinhard Becker Verluste erlitten. 

Ein Sanierungsplan wird erstellt mit Geschäftsführer W.E. Becker, Betriebsratsvorsitzender Rudolf Krämer und Personalchef  Knoke. Es erfolgte ein Personalabbau von 1000 auf 800 Mitarbeiter und dem Personalchef oblag die schwierige Aufgabe  mit einer Abfindung von 22.000 DM bei über 58jährigen Mitarbeitern den vorzeitigen Abgang  und Ruhestand zu offerieren. Zusätzlich bleibender Lohnverzicht der Arbeiter um 5%, der Angestellten von 7% und der Geschäftsführung um 10% brachten die VW-Werke glücklich über diese schwierige Phase hinweg.

Die Messepräsentation auf der Hannover Messe und auch der IAA in Frankfurt  wurde für die Fa. Wiederholt  ein zunehmend schwieriges Fahrwasser und konnte aber durch die Messe „TUBE and WIRE“ in Düsseldorf  durchaus  erfolgreich kompensiert werden.

Ende 1994 zeigt sich beim Messebesuch die amerikanische Pittsburgh Tube Gruppe (ab dem Jahr 2000 unter PTC ALLIANCE)  interessiert und zweimal  weilt  Dr. W.E. Becker in den USA zu Verhandlungen vermutlich am Sitz der Company in Manaca, Pennsylvania.  Helga Becker möchte ihren 25% Geschäftsanteil zunächst noch halten und die beratende Wirtschaftskanzlei Oppenhoff & Partner (spezialisiert in Rechtsberatung internationaler Unternehmen)  ist eingeschaltet und nach schwierigen Verhandlungen erfolgt nun doch die 100% Verkaufszustimmung zum Jahresende 1995 von Helga und Sohn Reinhard Becker !

 

Die Amerikaner übernehmen zum 1.1.1996 die Fa. Vincenz Wiederholt. Dr. Walter Eberhard Becker gibt die Generalbevollmächtigung und Prokura ab und wird aber zusammen mit dem Kaufmann  Robert  Cristopher  Schnatterly aus Pittsburgh geschäftsführend tätig.

Ende des Jahres 1996 verstirbt Helga Becker  im Alter von 77 Jahren

 

und die Amerikaner sind offensichtlich  am Werk in Rausingen angekommen

 

Bild aus dem Buch 100 Jahre Wiederholt von Dr. Peter Kracht

 

Es folgen Jahre der Konsolidierung. Nicht immer gelang die reibungslose Integration amerikanischer Geschäftsgepflogenheiten im Werk Rausingen und im  September 1998 wird das Rohrwerk Haltern (war stets  profitabel) an eine Firma in Österreich verkauft.

Auch baulich wurde die Sanierung weiterhin unter  der Finanzplanung  von Martin  Krämer angestrebt u.a. mit neuer Logistikhalle. Der Warenumschlag wird mit der neuen Halle nördlich direkt zu den Produktionshallen etabliert und ermöglicht nun  kurze innerbetriebliche Wege und damit Kostenreduzierung. Als Transportunternehmen der Stahlprodukte suchte sich  Wiederholt wohl die Fa. Massong Logistik, Paderborn aus, die meines Wissens nach die neue Halle  mit Mietvertrag  mitfinanzierte.

 

Am 25. Mai 1999 tritt Dr. Walter Eberhard Becker und Stiefenkelsohn von Vincenz Wiederholt mit 63 Jahren aus der Geschäftsführung ab und die Ära der Familie Wiederholt – Becker  in Holzwickede ist damit endgültig nach 80 Jahren beendet !

 

Beendet war nun auch die Deutsche Mark  und der Euro wurde eingeführt und dies erforderte auch im  Wertrahmen des  Firmenfreistemplers die entsprechende   Änderung im Jahr 2000 und schon im Vorgriff die weitere erneute Umstellung im Farbton von  rot  nach blau an dieser Stelle und mit Abschlag aus dem Jahr 2004.

 

Im Jahr 2000  wird in der  Pittsburgh Tube  eine Fondgesellschaft  maßgeblicher Investor mit dem Ziel  der  Gewinnmaximierung.  Es findet die Umfirmierung zur PTC – Alliance statt und Robert C. Schnatterly wird abberufen. Nach 2 Jahren, die als Übergangsphase anzusehen sind, wird   Louis MacDonald  als CEO (Chief Executive Officer)   also geschäftsführend bei Wiederholt und rutscht  gleich in die 5. Krise  bei Wiederholt.

Lesenswert sein Bericht zu seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei Wiederholt bis zum Jahr 2016 im Buch 100 Jahre Wiederholt von Dr. Peter Kracht.

Die Geschäftsbilanz sah Ende des Jahres 2002 schlecht aus. Die finanzierende Bank war sicherlich unruhig und sofortige Maßnahmen waren erforderlich und gleich als erste Maßnahme schon im Februar 2003  wird das Übertagegelände Eisenwerk Caroline an die Gemeinde Holzwickede verkauft und dies war schon ein langjähriger Wunsch der Gemeindeverwaltung unter dem Bürgermeister Jens Rother. Im Jahr 2003 übernahm also die Gemeinde das alte Zechengelände und erstellte einen Bebauungsplan für die Wohnanlage Caroline. Der Boden wurde von Altlasten befreit  und es konnte erfolgreich damit eine Wohnsiedlung praktisch innerörtlich verwirklicht werden. Die nachfolgende Luftaufnahme (danke Copyright Hans Blossey) zeigt schon erste Baumaßnahmen  an der Rausingerstraße, Portlandstraße und Carolinenallee und  hier auch den Komplex des  Altersheimes.

 

Ein Podest  vor dem neuen Altenheim (oben rechts)  erinnert an die Zeche Caroline mit einer Zechenlore und  eindrucksvoll mit einer Seilscheibe  zur Bergbauphase auf diesem Gelände. Auch eine Fußgängerbrücke wurde wieder nach ca. 100 Jahren über die Gleise  gelegt. War das Erstmodell eine 60m lange einfache Stahlkonstruktion, so waren nun  natürlich neben den Treppen auch behindertengerechte Aufzüge erforderlich, die allerdings gelegentlich leider durch Vandalismus und auch technische Probleme ausfallen und auch der Brückenbelag bedurfte bereits der Erneuerung. Das Bild der neuen Brücke zeigt Richtung Norden und im Hintergrund Häuser der Wohnanlage Caroline. Das Bild mit der alten Brücke ist Richtung Süden gerichtet und zeigt rechts  Häuser der Bahnarbeiter (kleine und große Feme) und die damalige Bebauung südlich der Bahngleise, aber auch das Gebäude zur Bahndrehscheibe ist noch zur erkennen.

 

Fortsetzung folgt