Holzwickede – Zeche
9. Fortsetzung
29.05.2023
Zurück in die Zeit der Weimarer Republik.
Schon der Weg bis zur Unterzeichnung des Versailler Vertrags als Diktat der Siegermächte mit alleiniger Kriegsschuldanerkennung Deutschlands und verbunden mit höchsten Reparationsleistungen ließ die Schwierigkeiten der kommenden deutschen Regierung erahnen.
Den Zeitgeist der Weimarer Republik detailliert vorzustellen, kann hier nicht gelingen und wäre ein eigenes Thema.
Kriegsgewinnler, Hungersnöte, Wirtschaftskrisen und eine Hyperinflation waren kaum erträgliche Umstände und prägten und verunsicherten die Menschen über Depressionen bis hin zur Lebenslust solange „es noch gut geht“!
Die folgende Collage soll nur andeutungsweise die widersprüchlichen Aspekte dieser 13 jährigen Phase in Deutschland beleuchten.
Alte Wertvorstellungen kamen ins Wanken. Der Absenderfreistempel des Jugendlust - Verlages in Nürnberg soll stellvertretend das Erscheinungsbild der Jugend charakterisieren. Die Schriften und Kalender über die Kaiserzeit bis zum 3.Reich belegen sinnfällig Veränderungen von „romantischen Wandervögeln bis zum Kampfbund – von heimatlichen Lagerfeuerliedern bis zur antidemokratischen, militanten und nationalsozialistisch geprägten Jugendbewegung“. Das Berliner Volksblatt VORWÄRTS steht stellvertretend für die sozialdemokratische Parteientwicklung und -arbeit seit 1875 und hatte seinen Gegenpart in den SA – Verbänden bis hin zu Straßenkämpfen, hier belegt mit einem Sonderstempel zum Wehrkampftag der SA. Andererseits vermittelt das Straßenbild auf dem Kurfürstendamm den etwas mühsamen Weg in die motorisierte Welt der Nachkriegszeit. Aber auch Reisebüros fanden wohl schon einen Geschäftsweg am Ende der 20er Jahre und das Kaufhaus Hermann Tietz warb bei den Frauen für die schicken neuen Modellhüte.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland der Weimarer Republik waren für die breite Bevölkerung desolat, die Zeche Caroline geriet in „schwieriges Gewässer“ und 1919 traten erste Gerüchte auf zur Beendigung der Bergarbeiten zumal hier die Verhältnisse durch kleine Flöze im Vergleich zu anderen Kohlengruben im Ruhrgebiet besonders prekär waren. Durchaus passend in dieser Situation ein Kündigungsschreiben Februar 1919 der Zeche Caroline und Abzeichnung Tengelmann für den Steiger Josef Abts.
Ferner ein Ensemble mit der Brikettform der Zeche Caroline aus dem Buch J.Huske und einem Foto der Arbeiter aus dem Jahr 1919 und schon durch die Kennzeichnung der Brikettform mit dem Kreuz vermittelt das Bild im ersten Nachkriegsjahr eine düstere Stimmung.
Ob die desolate Geschäftslage allerdings der Grund war, dass die Einkaufs-Abteilung der Zeche Caroline ein Angebot der Fa. aus Hannover abgelehnt hat, bleibt fraglich (s. folgende Geschäftspostkarte mit Poststempel Holzwickede vom 20. September 1919) und zu dieser Zeit ist nun ein dritter Streik auf Caroline zu registrieren.
Nach der französischen Besetzung des Rhein-Ruhr-Gebietes im Jahr 1923 wegen ausstehender Reparationszahlungen aus dem Friedensvertrag zu Versailles und damit ausgelöster Hochinflation war wirtschaftliche Not in allen Bereichen. Die Belegschaft der Zeche Caroline versuchte im Jahr 1925 durch Mehrarbeit ohne Lohnvergütung zu überleben. Gesetzlich nicht erlaubt, wurde das interne Betriebsabkommen verboten und ausgesetzt, zu späteren Krisenzeiten aber auch durchaus toleriert mit Nutzung von Feierschichten = unbezahlte Freischichten.
Postalische Belege aus dieser Zeit dokumentieren die Situation und den Beginn der Inflation
Januar 1923 Postkarte zu 25 Pfennigen und schon im Februar der Brief zu 300 Deutsche Mark
Fortsetzung folgt