Holzwickede – Zeche
10. Fortsetzung
14.06.2023
Trotz der schwierigen Verhältnisse gab es aber auch Bewerbungen und dazu ein interessantes Anschreiben an den Bergwerkdirektor Tengelmann mit Datum vom 8.9.1926 mit der Bitte um Anstellung auf einer freigewordenen Stelle im Zechenbüro. Der Schreiber Erwin Heller ist für Holzwickede übrigens eine besondere Person. Zugehörig der SPD bestätigte ihn die britische Militärverwaltung im Jahr 1946 nach einer ersten Sitzung (28.März 1946) in der neu gebildeten Gemeindevertretung als ersten Gemeindebürgermeister in Holzwickede nach dem 2. Weltkrieg. Vom Kriegsende bis zur ersten Wahl wurde übrigens der ehemalige Knappschaftsälteste Josef Kiel (SPD) kommissarisch 1. Bürgermeister zunächst durch die amerikanische und dann bald zuständige britische Militärverwaltung eingesetzt. Josef Kiel steht beispielhaft für die unmenschliche sofortige Eliminierung von nicht genehmen Personen durch das diktatorische NS – Regime schon direkt im ersten Halbjahr des Jahres 1933.
Erwin Heller stammte aus dem Haus Nr.130 auf der Wickeder Chaussee (Heute B1)
Das Bild aus dem Jahr 1914 zeigt sein Elternhaus mit der Kolonialwarenhandlung Gustav Heller (bestand wohl bis 1936). Von links nach rechts Herr Heller, Fr. Heller, Erwin Heller (später Bürgermeister), Großmutter, Erich Heller.
Zurück zur Zeche Caroline.
Ein Bergarbeiterstreik 1926 in England erhöhte die Absatzmöglichkeiten der Zechen in Deutschland und in dieser Zeit baute die Zeche Caroline durchaus ihre Produktionsmöglichkeiten aus und schaffte durch Querschläge auf den Sohlen 2, 3 und 4 die Verbindung in den ehemaligen Bereich der Zeche Norm mit abbauwürdigen Flözen.
Das Jahr 1927 war eine Zäsur für die Zeche Caroline. Die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen G.m.b.H. Dortmund (1925 aus dem Verbund der Elektrizitätswerke Dortmund und Bochum entstanden) erwarben 3 Zechen zur Sicherung ihrer Kohlekraftwerke darunter „Gottessegen“ in Dortmund, „Alter Hase“ in Sprockhövel und „Caroline“ in Holzwickede. Damit war der Kohleabsatz gesichert und ein finanzstarker Investor für die nötigen Investitionen der Zeche in Holzwickede glücklicherweise gefunden. Untertage wurde auf Fahrdrahtlokomotiven umgerüstet, eine Waschkaue für 1700 Arbeiter wurde errichtet und die Kohlenwäsche wurde durch Gebäudeaufstockung vergrößert. Kohleproduktion und Ziegelherstellung florierten mit neuen Höchstleistungen.
Zur Fahrdrahtentwicklung ein kleiner Einschub.
Hier ist speziell mit dem Jahr 1847 das Berliner Unternehmen mit seinen Gründern SIEMENS & HALSKE zu nennen und die Telegraphenentwicklung mit ihren nationalen und internationalen Anwendungen stand anfangs im Vordergrund der Firma. Vorgestellt wird die Firma Siemens & Halske mit einem frühen Absenderfreistempel aus dem Jahr 1926 und schon im Ortsstempelteil der Hinweis auf den endgültigen Standort in Berlin - SIEMENSSTADT.
Gab es schon ab 1835 erste Elektromotoren, so entwickelte SIEMENS das dynamoelektrische Prinzip mit Patent aus dem Jahr 1866 zur Universalkraftquelle, über deren tagtägliche unbewusste Nutzung niemand mehr nachdenkt. Die Elektromotorenentwicklung eröffnete geradezu explosionsartig Anwendungsformen und dazu ein Bild schon aus dem Jahr 1883 mit einer Elektrolokomotive im Kohlebergbau des Ruhrreviers. Beachtenswert hier schon der von Siemens entwickelte Oberleitungsstromabnehmer mittels Rollenfunktion.
Das Bild stammt aus dem Buch von Gerd Heymann AUF KOHLE GEBAUT der VEW AG
Oben aus dem Buch J. Huske beispielhaft der Pferdetransport im Bergstollen noch ca. 1930. Als Gustav Heimplatz Mitte der 1920er Jahre Nachfolger als Grubenschmied von August Rudat auf der Zeche Caroline wurde, hatte er noch 35 Grubenpferde zu betreuen und das letzte Pferd verlies im Jahr 1939 (?) die Grube. Übrigens ein Hinweis zu August Rudat, er machte sich dann als Schmied selbstständig in der Moltkestraße und heutigen Lessingstraße.
Die Zeche Caroline florierte zunächst und 45m nördlich von Schacht I wurde sogar ein neuer Senkrechtschacht II im Jahr 1929 auf 360m Tiefe abgetäuft und ging 1929/30 mit deutlich leistungsstärkerer Maschinenausstattung und größerem Schachtquerschnitt in Betrieb. Das Jahr 1929 brachte dann auch das Ergebnis von 287.000 Tonnen Steinkohleförderung bei einer Belegschaft von 930 Beschäftigten.
Die nachfolgende Fotopostkarte Zeche Caroline nun mit Schacht I und II
Blick von der Rausingerstraße: Wasserturm rechts, evang. Kirchturm, Förderschacht I, Kesselhaus, Förderschacht II, Fördermaschinenhaus und links Magazinhaus und ältere Waschkaue.
Folgende Fotoansichtskarte ist ein zeitgleicher Blick ausgehend von der Nordstraße
Rechts das Dach der Gaststätte Schopp und angedeutet noch der Wasserturm der Zeche. Nach links dann Schacht II mit Maschinenhaus, Kohlenwäsche und Separation und Brikettfabrik. Im Straßeneck Rausingerstraße und Nordstraße auf dem Zechengelände das Verwaltungsgebäude (aktuell Jugendheim Villa Pfiffikus). Blick in die Unterführung mit nördlicher und südlicher Brücke mit linksseitigem Beginn des Bahnhofsgeländes, links im Vordergrund noch das Dach der Gaststätte zum Nordstern mit dem damaligen Besitzer Wilhelm Eickelberg (aktuell Tagespflegeeinrichung). Kirchturm links im Hintergrund der evangelischen und rechts im Hintergrund der katholischen Kirchengemeinde.
Wir nähern uns schicksalhaft dem Ende der 1920er Jahre und dem Jahrzehnt der angeblichen „goldenen zwanziger Jahre“. Die Weimarer Republik glich dem Tanz auf dem Vulkan: Inflationsfolgen, politische Unruhen mit Straßenkämpfen von „rechts bis links“, Kriegsinvaliden, Arbeitslose, 20.000 Selbstmorde im Jahr 1932, Prostitution der Kriegerwitwen um ihre Kinder zu ernähren. Berthold Brecht : Erst kommt das Fressen dann die Moral.
Ich bin mir nicht ganz sicher in der Interpretation der folgenden Zechenaufnahme auf dem Gelände der Caroline und ob die angesetzte Säge schon den kommenden Niedergang symbolisiert
Weltwirtschaftskrise 1929/1930
Ausgehend vom black friday an der amerikanischen Börse bahnte sich die Weltwirtschaftskrise weltweit aus und die NS - Propaganda nutzte die bedrückende Situation umgehend und folgerichtig
Fortsetzung folgt