Friedrich Stehfen und seine Stiftungen
Holzwickeder Persönlichkeit (1809 -1879)
6. Fortsetzung
24.10.2023
Damit ist die folgenschwere NS – Zeit erreicht und es soll durchaus die weitere Entwicklung am Beispiel der Erziehungsanstalt Opherdicke versucht werden. Friedrich Stehfens ursprünglich selbstlose Stiftung christlicher Gesinnung gerät nun unbarmherzig in den Strudel nationalsozialistischer Ideologie.
Es ist an dieser Stelle allerdings nicht vorgesehen schon die Landhilfe aus Weimarer Zeit und die NS – Entwicklungen mit Landjahrlager, Reichsarbeitsdienst und Pflichtjahr differenziert nach Unterschieden bezüglich der betroffenen Personenkreise und zu welchem Zeitpunkt von 1933 bis 1944 vorzustellen und dies wäre auch eine recht komplexe Angelegenheit.
Bezüglich Opherdicke soll aber ein Blick auf die Verwendung des ehemaligen Erziehungshauses im NS - System als Landjahrlager geworfen werden. In der zuvor vorgestellten Literatur und hier bei Timm, Ligges und Wilhelmy besteht keine Nachschlagemöglichkeit.
Schon der Zeitpunkt der Einrichtung als Landjahrlager ist etwas schwierig zu dokumentieren und erfolgte wohl im Jahr 1935. Ab dem Jahr 1936 kann ich dazu postalisch ein frühes Belegbeispiel vorstellen l(später mehr dazu). Zunächst aber einmal ein Landjahrlager – Ausweis (etwas stockfleckig) aus Opherdicke, ausgestellt von der Landjahrbezirksführerin mit Datum vom 11.Dez. 1938 über die geleistete Zeit vom 21. April 1938 bis zu diesem 11.12. 1938. Landjahrjackett, Halstuch und am linken Ärmel dreieckiges Landjahretikett und natürlich Hakenkreuzenblem aufgenäht.
Vorab an dieser Stelle der Hinweis, dass Opherdicke als Landjahrlager für Mädchen eingerichtet wurde, die Dienstzeit betrug 8 bis 9 Monate, die Zielgruppe waren 14 bis 15jährige Volksschulabgängerinnen ohne nachweisbare Lehrstelle, die Einbindung erfolgte in die landwirtschaftliche Berufswelt, ausgewählt von NS – Kommissionen ohne Mitspracherecht (!) der Eltern, die Landjahrarbeit wurde unentgeldlich eingerichtet und nebenbei mit Appellen, Sport und organisierter gruppenbezogener Freizeitgestaltung NS – gemäß garniert!
die Hakenkreuzfahne durfte fortan am alten Erziehungshaus nicht fehlen
und die zweite Seite im Ausweis zeigt die Vereinnahmung im NS – System
Aus dem ausgefüllten Ausweis nachfolgend die fünfte und sechste Seite mit den Beurteilungen zur Führung, Leistung, Sport u. Geländedienst, Lagerdienst und Bauernarbeit (stockfleckig). Die siebte und achte Seite traf auf Gertrud im Landjahr 1938 nicht zu mit den noch möglichen Beurteilungen zum Reichsjugendsportabzeichen, Schießen und Beförderungen.
Zur Etablierung des Landjahrlagers in Opherdicke ist ein postalischer Beleg hilfreich. Dazu erwähnenswert ist die Einführung der Kraftwagen zur Landpost im Jahr 1929. Dazu ein typischer Postwagen und damals in roter und nicht in aktuell gelber Farbe.
Im Jahr 1936 wurde die Landpostzustellung nun mit ihren Fahrzeugrouten umgestellt in den Haarstrangdörfern und mit den Posthilfsstellen Opherdicke, Hengsen und Hengserheide. War bis zum Jahr 1936 die weitere Bearbeitung im Postamt Fröndenberg (Ruhr) vorgesehen, so war ab dem Jahr 1937 für die Route nun das Postamt Schwerte (Ruhr) zuständig. An den zweizeiligen Kastenstempeln der Hilfspostämter lassen sich nun zeitliche Unterschiede der Briefaufgaben festhalten, auch wenn im Poststempel z.B. das Jahresdatum nicht lesbar ist. Hier noch der Hinweis, dass die Kastenstempel neben den Briefmarken zu platzieren waren und die Marken wurden erst in den zuständigen Postämtern der Weiterbeförderung entwertet.
Der oben abgebildete Briefbeleg mit Poststempel Fröndenberg (Ruhr) „verweigert“ leider trotz Lupenbetrachtung neben dem 24.7. die Jahreszahl. Der zweizeilige Kastenstempel der Poststelle W. Becker im Gasthof zur Post dokumentiert aber Opherdicke über Fröndenberg (Ruhr) und nach dem oben angeführtem Sachverhalt wird wohl damit das Jahr 1936 ordnungsgemäß sein. Der Brief sollte ein Fräulein über die Führerin des deutschen Frauenarbeitsdienstes in Weimar erreichen. Nebenbei zweimalige Adressumleitung, heute käme der Brief bei lesbarem Absender nach 1 Woche allenfalls retour. Der rückseitig vermerkte Absender belegt nun aber eindeutig das Landjahrlager Opherdicke und dies nach der Kastenstempelvariante noch im Jahr 1936.
Die nachfolgende Ansichtspostkarte dokumentiert nun eindeutig mit Datum vom 18.10.1940 die geänderte Kraftpostroute mit dem Poststempel Schwerte (Ruhr) und nun mit dem zweizeiligen Kastenstempel Opherdicke über Schwerte (Ruhr). In diesem Fall nun im Absenderfeld noch der Gumminebenstempel Landjahrlager Opherdicke Regierungsbezirk Arnsberg. Vorderseitig ein Landjahrmädel aus dem Verlag und Druck von E. Appelhans &Co., Braunschweig Bild Nr. 9 Foto: Landjahrmädel.
Fortsetzung folgt